Bauboom in AdliswilDas Quartier Grüt verändert sich stark
In Adliswil soll ein neues Stadtviertel entstehen. Was dahintersteckt und wie es die Stadt verändern wird.

Hinter Metallgittern ragen schwarze, graue und hellrote, mehrheitlich aus Ziegelsteinen und Beton konstruierte Gebäude empor. Weiter südlich steht das neue Gebäude der Zürich International School, bestehend aus viel Glas und gehalten in einem sehr tristen Grauton. Alle Häuser, die im Adliswiler Quartier Grüt in den letzten zwei Jahren gebaut worden sind, haben eine Gemeinsamkeit: Sie strahlen Schlichtheit und Einfachheit aus. Die ganze Gegend befindet sich im Umbau, hier entsteht das neue Stadtviertel.
Die Gegend, um die es sich handelt, ist das Grüt in Adliswil. Früher noch als Zone zwischen Adliswil und Zürich bekannt, ist es heute ein neuer Ortsteil, der vergleichbar mit Leimbach oder Langnau ist. Susy Senn, eine ehemalige Stadträtin Adliswils, beschreibt die Region so: «Sehr neu entwickelt, sehr dicht entwickelt. Modern, wie es die kantonale Richtplanung vorgibt.» Verdichtung in Bezug auf die Bauform heisst «mehr Grünraum zwischen den Häusern und trotzdem mehr Leute, die Platz haben, als früher», Verdichtetes Bauen ist allgemein im Trend, da viele Gemeinden, insbesondere im Kanton Zürich, schon ihre Bauflächen aufgebraucht haben. Hinzu kommt, dass man Landwirtschafts- und Erholungsfläche nicht einfach umfunktionieren kann, da dies durch verschiedenste Gesetze untersagt wird.
Der Vorläufer Jolieville
Viele wissen nicht, dass die Konstruktion des neuen Stadtteils Grüt vor gut 60 Jahren eingeleitet wurde. Jolieville hiess das Projekt, das Zürich mit Adliswil verband und aus dem Letzteren eine Stadt mit rund 30’000 Einwohnern machen sollte. Auch eine Tramverbindung zwischen den zwei Orten sowie ein Einkaufszentrum und ein Alterswohnheim waren geplant. Das Projekt wurde 1964 erstmals an der Expo in Lausanne präsentiert und hätte bei einer erfolgreichen Umsetzung mit Sicherheit neue Standards für Stadtplanung und -entwicklung in der Schweiz gesetzt.

Wieso also scheiterte dieses vielversprechende Projekt? Schuld an der Nichtumsetzung Jolievilles waren kontinuierliche Verzögerungen, «welche die Nebenarbeiten und vor allem die späte Genehmigung der Teilbauordnungen durch den Regierungsrat verursachten», steht in einem Buch über die Stadt Adliswil. Hinzu kamen grundlegende Veränderungen der sozioökologischen und demographischen Entwicklung. Auch ein «Attraktivitätsverlust der Planung» durch den Bau von Hochhäusern und der Trennung des Gebiets durch die Autobahn N3 und die damit verbundenen hohen Treibhausgasemissionen in der Nähe der Wohnhäuser waren sicherlich weitere Gründe dafür, dass das Vorhaben schliesslich erwerfen des Vorhabens. Ende der 70er-Jahre glaubte keiner mehr dran, dass Jolieville jemals das Licht der Welt erblicken würde. Trotz des Misserfolgs sollte das Gebiet eine Bebauung erfahren.
Das Wachstum der letzten 20 Jahre
Von 1945 bis 2000 wurden 43 neue Gebäude gebaut, seit 2000 sind es 71 neue Gebäude. Ein sehr rasantes Wachstum, das mit der damaligen Entscheidung des Stadtrates zusammenhängt, das Gebiet etappenweise zu bebauen. Die Entscheidung wurde aufgrund des immer grösser werdenden Drucks des Kantons Zürich gefällt. Druck vor allem deswegen, «da die Bevölkerung Adliswils langsam überaltert ist», so Susy Senn. Der Stadtrat wollte das Wohnen in Adliswil wieder attraktiver machen. Da ein Grossteil des Gebiets bereits eingezont war und als Wohnfläche designiert wurde, musste man nur noch einen privaten Gestaltungsplan von den Grundstückbesitzern erhalten, um mit der Konstruktion anfangen zu können. Die erste Stufe der Bebauung geschah schon zwischen 2005 und 2010. Gebaut wurde damals das Dietlimoos mit einem dazugehörigen Kindergarten. Von 2009 bis 2012 wurde das Grütparkareal errichtet.

Bei allen neuen Behausungen wurde darauf geachtet, dass die modernen Qualitätsniveaus eingehalten wurden. Veranlasst durch die Stadt Adliswil, wurden futuristische und ökologische Elemente in die Konstruktion mit eingebunden, unter anderem Ladestationen für Elektroautos. Darüber hinaus hat die Stadt Adliswil dafür gesorgt, dass die Parkplätze unterirdisch sind. Die Stadt hofft, dass als Folge der Erweiterung ihres Wohnbereichs mehr Menschen, im Speziellen junge Leute und Familien, zuziehen, um der Überalterung entgegenzuwirken. Wenn die Bebauung des Gebiets vollendet ist und die schon jetzt geplante Entwicklung in Sunnau erfolgreich wird, wird Adliswil zu einer Stadt mit 22’000 Einwohnern anwachsen.
Bald fertig
Wer von Wollishofen nach Adliswil fährt, wird staunen, wie weit die Bauarbeiten sind. Als Erstes wird ein unfertiges Gebäude ins Auge fallen, gleich daneben klafft eine grosse Baugrube, an deren Abhang drei schwere Baumaschinen stehen. Die jetzt schon erstellten Bauwerke bilden einen starken Kontrast zu den in der Nachbarschaft stehenden und ebenfalls relativ neu gebauten Gebäudeblocks im Grütpark, mit den auffallenden dunkelroten Glasfassaden. Regelmässig verlassen und betreten noch immer Arbeiter und Maler die von aussen fertig erscheinenden Häuserblocks.
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