Das Radiostudio zügelt nur halb nach Zürich
Kleiner Sieg für Bern und SRF-Direktorin Nathalie Wappler: Ein Teil der Belegschaft bleibt in Bern. Zudem gibt es einen prominenten Abgang beim SRF.

Brisante Nachrichten kommen manchmal harmlos daher. So trug die Medienmitteilung, die das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) verschickte, die Überschrift «Neue Audiostrategie gestartet». Darin verbargen sich aber Breaking News.
Eigentlich geht es lediglich um die Frage, ob 170 Berner Radiostellen nach Zürich verlegt werden sollen. Doch um den Plan der SRG war in den vergangenen Monaten eine staatspolitische Frage entstanden, die von emotionalen Diskussionen begleitet wurde. Nun ist der Plan klar: Nur die Hälfte der Mitarbeiter zügelt nach Zürich – und zwar die Abteilungen SRF 4 News sowie die Nachrichtenredaktion.
In Bern bleiben hingegen sollen die Flaggschiff-Sendungen «Echo der Zeit», «Rendez-vous» und «Tagesgespräch» sowie die Inland- und Auslandredaktion. Das Wirtschaftsressort wird weiterhin halb in Zürich, halb in Bern arbeiten und die Radio-Chefredaktion künftig ebenfalls. Dies teilte SRF-Direktorin Nathalie Wappler am Mittag der Belegschaft mit und zog ihre 100-Tage-Bilanz.
Zügeltermin nicht mehr 2021
Weiter geht aus der Medienmitteilung hervor, dass der Umzug wohl nicht wie geplant im Jahr 2021 durchgeführt wird. Das bisherige Zügelprojekt namens «Info 21» wird ersetzt durch eine gesamthafte Audiostrategie, die Wappler in Auftrag gegeben hat.
Für das lineare Radio sowie On-demand-Angebote soll eine übergreifende Strategie erarbeitet werden, die auch Zielkonflikte unternehmerischer Interessen und regionaler Verantwortung berücksichtige, informierte Wappler.
3 Millionen müssen dennoch gespart werden
Offenbar war es die neue Direktorin selber, die einen Teilrückzug der umstrittenen Zügelpläne initiiert hat. Dies sagen gut informierte Quellen. Demnach hat Wappler diese Lösung beim Generaldirektor Gilles Marchand beantragt, dieser wiederum brachte sie im Verwaltungsrat der SRG ein, der am Mittwoch und Donnerstag tagte.

Eine weitere Mitteilung von Nathalie Wappler betraf den finanziellen Bereich. In Bern sollen noch immer drei Millionen Franken gespart werden, sagte sie. Zudem betrage die Unterdeckung im Budget für das Jahr 2020 zum heutigen Zeitpunkt 19 Millionen Franken. Der Grund dafür sei der massive Werberückgang. Dieses Loch werde man irgendwie stopfen müssen.
Unterschiedliche Reaktionen
Mit dem Teilrückzug reagiert die SRG auf massive Kritik aus allen politischen Lagern, die in der letzten Woche der Sommersession in einem deutlichen Entscheid des Nationalrats gipfelte. Dieser befürwortete fünf parlamentarische Initiativen, welche der SRG die Verlegung des Radios nach Zürich verbieten wollen, mit grosser Mehrheit. Die Vorstösse waren im September 2018 von vier Parteipräsidenten und einem Partei-Vizepräsidenten eingereicht worden.
Einer davon ist Beat Jans, Nationalrat und Vizepräsident der SP. Er sei überrascht und erfreut, wie er sagt. Er bewerte den Schritt als Bekenntnis zur Vielfalt. Sorgen bereite ihm, dass die Nachrichten dennoch nach Zürich verlegt werden. «Es gibt eben schon eine unglaubliche Machtballung – allein durch den Entscheid: Was ist eine Neuigkeit? Und was ist von nationaler Bedeutung?»
Ein halbherziger Entscheid, kritisiert Landolt
Die Vorstösse werde man in den politischen Gremien trotzdem weiterbehandeln, denn es gehe nicht nur um diesen konkreten Zügelplan. Vielmehr erhofft sich Jans von der SRG eine gesamte, unternehmensweite Strategie bezüglich Erhalt der publizistischen und regionalen Vielfalt.
Nicht besänftigt hingegen ist BDP-Präsident Martin Landolt, ein weiterer Urheber der fünf parlamentarischen Initiativen. Er traue dieser Sache nicht, sagt er. Wenn er sehe, mit welch unglaublicher Vehemenz die SRG in Bern Lobbying betrieben habe, glaube er nicht an ein fundamentales Umdenken. «Es fehlt ein Grundsatzentscheid», sagt der Glarner Nationalrat. Der Teilentscheid erscheine ihm wie ein halbherziges, dem politischen Druck geschuldetes Bekenntnis.
Vizedirektor Schoch geht – wegen Reibereien mit Wappler
Bekannt wurde ausserdem eine wichtige Personalie: Hansruedi Schoch verlässt die SRG im Herbst und macht sich selbstständig. Die Abteilung des stellvertretenden Direktors und Abteilungsleiters Programme wird aufgelöst zugunsten einer künftigen «agilen Gesamtorganisation», wie es in der Medienmitteilung heisst.
Dass Schoch nicht Wapplers Stellvertreter bleibt, war absehbar. Er war einer der Anwärter auf das Amt des Direktors, das nach der Pensionierung von Ruedi Matter dann mit Nathalie Wappler besetzt wurde. Ausserdem, sagen mehrere SRG-Mitarbeiter, könnten es Wappler und Schoch nicht zusammen. Zu unterschiedlich seien die beiden. Es sei immer wieder zu Reibereien gekommen.
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