«Das Rennen ist weiterhin offen»
Laut Matthias Kappeler von Isopublic könnten Anti-Schweiz-Kundgebungen die Abstimmung entscheidend beeinflussen.
51 Prozent sind derzeit gegen die Anti-Minarett-Initiative, 35 Prozent sind dafür. Ist das Begehren chancenlos?
Nein. Das Rennen ist weiterhin offen. Bisher wurde über die Initiative noch nicht gross diskutiert. Es gibt noch viele Unentschlossene. Und diese tendieren in der Regel auf eine Beibehaltung des Status quo und gegen Veränderungen. Im konkreten Fall würde das heissen: Für die Initiative und gegen Minarette. Zudem haben sich auch viele SVP-Parteigänger noch nicht festgelegt. In der Regel folgen sie der Meinung der Parteispitze, werden also auch Ja stimmen. Wenn nur schon alle SVP-Wähler ins Ja-Lager wechseln, dürfte es sehr knapp werden.
Was kann die Abstimmung sonst noch beeinflussen?
Anti-Schweiz-Kundgebungen in islamischen Ländern, eine breite Debatte über die Stellung der Frau im fundamentalistischen Islam oder gar Terrorakte würden die Abstimmung entscheidend beeinflussen. Noch mehr Bürger könnten dann zustimmen.
Frauen befürworten die Initiative eher als Männer. Weshalb?
Viele Frauen in der Schweiz lehnen die Stellung der Frau im Islam ab und wollen ein Zeichen setzen gegen die Einschränkung der Frauenrechte. Zudem fühlen sich Frauen schneller von einer Gruppe muslimischer Männer bedroht, als dies bei Männern der Fall ist. Wir haben festgestellt, dass viele Frauen bereits heute definitiv wissen, dass sie der Initiative zustimmen werden. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise legen sich Frauen später fest als Männer.
Konfessionslose und solche, die keiner Landeskirche angehören, sind stärker für die Initiative als Reformierte und Katholiken. Wieso?
Viele Konfessionslose haben Vorbehalte gegenüber religiösen Bauten - auch gegenüber Kirchen. Besonders stark ist die Zustimmung zur Initiative zudem bei Anhängern von Freikirchen. Mitglieder der Landeskirche hingegen sind in den letzten Jahren eher zu einem toleranteren Umgang mit anderen Religionen übergegangen.
Kaum Unterschiede gibt es zwischen den Landesteilen.
Das hat mich überrascht. Ich hätte erwartet, dass die Romandie liberaler ist als die Deutschschweiz. Das Ergebnis mag zusammenhängen mit den Problemen, die Frankreich mit muslimischen Immigranten hat - und über die Westschweizer Medien berichten.
Differenzierter fällt die Antwort zur Frage aus, ob muslimische Lehrerinnen Kopftücher tragen dürfen.
Hier sind die Frauen weniger stark für ein Verbot als die Männer. Offenbar gewichten sie beim Kopftuch die Freiheit der einzelnen Frau höher. Interessant ist auch: Die CVP ist in dieser Frage liberaler als die FDP. Das mag damit zusammenhängen, dass die katholische Basis religiöse Symbole im Schulzimmer toleriert - sei es das Kruzifix an der Wand oder das Ordenskleid der Nonne.
Deutlich haben sich die Befragten für ein Burka-Verbot ausgesprochen.
Eine derart klare Zustimmung quer durch alle Parteien hätte ich nicht erwartet. Wie beim Minarett sind auch hier die Frauen stärker für ein Verbot als die Männer. Burkas werden anscheinend als derart ungewohnt, rückständig und unterdrückend wahrgenommen, dass jedes Verständnis dafür fehlt.
Klar ist der Fall auch bei der Scharia. SP-Wähler lehnen sie sogar deutlicher ab als SVP-Wähler.
Da dürften die SP-Wählerinnen den Ausschlag geben. Die Scharia wird schlicht als frauenunwürdig angesehen. Interessant ist zudem, dass eine klare Mehrheit der SP-Anhänger nichts wissen will von einer Dispens von muslimischen Schülerinnen vom Schwimmunterricht. Hier fordern auch SP-Wählerinnen und -Wähler, dass sich Immigranten den in den Schweiz geltenden Regeln zu unterwerfen haben.
Wie erklären Sie es sich, dass trotz dieser Vorbehalte eine Mehrheit dafür ist, dass der Islam öffentlich-rechtlich anerkannt werden soll und damit wie die Landeskirchen Steuern erheben könnte?
Hier sagen sich viele Stimmbürger: Wenn Muslime unter sich Steuern eintreiben wollen, ist das ihr Ding. Das betrifft mich ja nicht. Zudem hat es für Mitglieder der Landeskirchen auch mit Steuergerechtigkeit zu tun: Wenn ich schon Kirchensteuern zahle, sollen das die Muslime ruhig auch tun. Interview: Daniel Foppa
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