
Wer das neue Lè Cuisine an der St. Jakobstrasse betritt, sieht als Erstes die Spezialität des Hauses. Gegarte Enten hängen an Haken in der offenen Küche, direkt im Blickfeld der Eintretenden. Die wohlig-warmen Gerüche lassen ausserdem erahnen: Hier wird chinesisch gekocht.
Dass Gastgeber James Cheng an der St. Jakobstrasse keinen Kaltstart absolviert, merkt man schnell: Die Tische sind an einem Montagabend gut gefüllt, und der Patron begrüsst Gäste, die sich über die Dependance in ihrem Quartier freuen, mit Handschlag.
Die 13 «Gault Millau»-Punkte, die sich Lè Cuisine mit Chef Jasmine Cheng am alten Standort in der Neugasse erkocht hat, «verheben» anscheinend auch hier, urteilt man nach dem Aufkommen. An der St. Jakobstrasse heisst der Küchenchef Mao, der zwischendurch wohlwollend aus der offenen Küche in den Gastraum blickt. Künftig wird hier der Fokus auf Ente und Dumplings gelegt, während die Filiale an der Neugasse eher als Barbetrieb mit Snacks geführt werden soll.
Das gerupfte Federvieh vom Eingang wird entweder ganz (88 Fr.), halbiert (46 Fr.) oder im Viertel (29.80 Fr.) serviert und landet natürlich auch an diesem Abend bei uns am Tisch. Dazu bestellen wir aus der «Soft Opening»-Karte den Schweinebauch nach Shanghai-Art (36 Fr.) und das Vegan Special: Seidentofu mit Gemüse (29.80 Fr.).
Das Fleisch kommt ohne Schnickschnack
Eine Getränkekarte gibt es noch nicht – das Restaurant wurde hier erst Ende November eröffnet –, darum wird direkt aus dem Weinschrank gewählt: ein gehaltvoller 2016er-Riesling aus Südafrika, der gut zum Schwein passt, sowie ein leichter Pinot grigio aus dem Veneto, der schön mit dem veganen Gericht harmoniert (beide Weissweine kosten CHF9,80). Später trinken wir noch einen argentinischen Malbec (CHF12,80) als Gegenpart zur Ente. Natürlich gibt es auch Softdrinks, als Biere stehen Amboss Amber und Blonde sowie das chinesische Flaggschiff Tsingtao zur Auswahl.
Das Vegan Special kommt nach kurzer Wartezeit – obwohl als Vorspeise bestellt – gemeinsam mit den Fleischgerichten; so ergibt sich zufällig eine schöne Tavolata. Der Seidentofu ist gewürzt mit Sojasauce und Sesamöl, garniert ist er mit Okra, Edamame, Rüebli, zweierlei Pilzen, Lotuswurzel und scharfer Chilischote. Wir sind froh um das Gemüse, denn die Ente kommt nur mit einem fruchtigen Dip, den Schweinebauch verzieren zwei Brokkoliröschen. Zwei Schalen Reis werden extra dazubestellt.
Das Schwein ist fettig und schmatzig, genau so, wie der Bauch sein muss. Dank der Glasur ist die Schwarte – mit feinen Sternanisnoten! – gut zu essen. So ist das Gericht der eigentliche Star neben der Ente. Etwas rustikal wurde das Entenviertel mit dem Beil in Tranchen gehackt. Es besteht aus einem Schenkeli und etwas Brust. Das Fleisch ist schön saftig, die Haut knusprig. Allerdings muss man wegen der vielen Knochenteile (das Beil hat ganze Arbeit geleistet) beim Essen die Hände zur Hilfe nehmen – wohl dem, der hier nicht bei einem ersten Date isst! Inhaber Cheng meint beim Gespräch nach dem Essen, dass es dafür wohl noch Messer und Gabel brauche.

Nachdem die drei Hauptgerichte verspeist sind, ist das dinierende Duo sehr gut gesättigt und zufrieden, passend zum Namen des Restaurants: Lè bedeutet Glück auf Chinesisch.
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Gehoben chinesisch essen im Lè Cuisine – Das Schwein stiehlt der Ente die Show
Gastgeber James Cheng expandiert an den Stauffacher – mit einer fleischigen Spezialität, nach der man sich buchstäblich die Finger leckt.