Das sind die Herausforderer von Fed-Chefin Janet Yellen
Auf fünf Personen hat US-Präsident Donald Trump das Feld für die Wahl des Notenbankchefs eingeschränkt. Wer sind sie und was würde ihre Wahl bewirken?
Es ist der für die Weltwirtschaft wohl wichtigste Entscheid, den der amerikanische Präsident Donald Trump in Kürze fällen wird – laut US-Medien soll es bereits Anfang November so weit sein. Es geht um die Frage, wer nach dem Ende der Amtszeit von Janet Yellen die Leitung der US-Notenbank (Fed) übernehmen wird. Der US-Präsident kann diesen Posten besetzen, braucht dazu aber noch die Bestätigung durch das Parlament. Keine Institution hat mit ihrer Politik mehr Einfluss auf den Verlauf der US-Wirtschaft als das Fed. Und weil die USA nach wie vor die grösste Volkswirtschaft der Welt sind und von der Fed-Politik auch der Wert der Weltwährung Dollar und des internationalen Zinsniveaus abhängt, hat sie auch einen überragenden Einfluss auf die Weltwirtschaft insgesamt und die internationalen Kapitalmärkte.
Bereits im Vorfeld hat sich Trump auf fünf Kandidatinnen und Kandidaten festgelegt. Damit lassen sich Szenarien für jede mögliche Wahl vorzeichnen. Je nach Personalentscheid sind dabei gemäss Berichten von US-Medien mit Verweis auf Aussagen von Experten im schlimmsten Fall heftige Ausschläge an den Kapital- und Währungsmärkten zu erwarten und eine deutlich unterschiedliche Geldpolitik. Die fünf Kandidaten im Überblick:
Janet Yellen
Obwohl er sie im Wahlkampf noch kritisiert hat, behält sich Donald Trump weiterhin vor, die aktuelle Präsidentin des Fed auch für eine weitere Amtszeit aufzustellen. Yellen ist die fachlich mit Abstand am besten ausgewiesene Kandidatin. Als Ökonomin hat sie sich Zeitlebens mit Geldpolitik befasst. Ihren ersten Job beim Fed hat sie bereits 1977 angenommen. Und Yellen ist die Wunschkandidatin der Kapitalmärkte, denn sie steht für Kontinuität der bisherigen Politik der langsamen Normalisierung mit weiteren zaghaften Zinserhöhungen und einer vorsichtigen Reduktion der Notenbankbilanz. Beliebt ist sie an den Kapitalmärkten aber auch, weil seit ihrer Amtsübernahme im Februar 2014 die Aktienmärkte gemessen am S&P-500-Index um 45 Prozent zugelegt haben. Ihre Wahl würde daher kaum Kursstürze auslösen oder die Nervosität an den Aktienmärkten deutlich erhöhen, darin besteht auch die Chance für ihre Wiederwahl, da Trump Marktturbulenzen verhindern möchte. Ansonsten stehen sich Trump und Yellen nicht besonders nahe. Schon alleine, weil Yellen dem Lager der politischen Gegner von Trump – den Demokraten – deutlich näher steht als ihm. Ausserdem hat sie bereits öffentlich seine Pläne kritisiert, die Regulierung der Banken wieder zu lockern.
John Taylor
Kein Kandidat hat das Potenzial, die Märkte mehr zu erschrecken als John Taylor, entsprechend besorgt ist man dort, dass die Wahl auf ihn fallen könnte. Bekannt ist der Ökonom vor allem für die nach ihm benannte «Taylor-Regel», die jeder Ökonomiestudent büffeln muss. Diese Regel legt fest, wie hoch der Leitzins der Notenbank in Abhängigkeit der Abweichung der erwarteten Inflation vom Inflationsziel der Notenbank und in Abweichung des Wirtschaftswachstums vom Potenzialwachstum einer Volkswirtschaft sein muss. Obwohl die meisten Notenbanken die Taylor-Regel oder eine Variante davon für ihre Politik zumindest mitberücksichtigen, benützt sie keine sozusagen als Autopilot für ihre Politik. Taylor selbst will ihr aber für die US-Notenbank deutlich mehr Gewicht einräumen. Ihre strikte Anwendung würde aber zu sehr viel höheren Leitzinsen der Notenbank führen. Statt zwischen 1 und 1,25 Prozent wie jetzt, würde sich der Leitzins auf 3,5 Prozent belaufen. Taylor hat von der Notenbank denn auch schon in der Vergangenheit deutlich höhere Leitzinsen gefordert. Würde Taylor aber seine Regel durchsetzen, wäre das ein Schock für die Kapitalmärkte, umso mehr, als sowohl die Aktien- wie die Anleihenmärkte schon sehr hoch bewertet sind. Zu erwarten wäre auch ein deutlicher Anstieg des Dollarkurses und ein Bremseffekt für die US-Realwirtschaft. Das alles hätte auch deutlich spürbare negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Diese Erwartungen allein dürften Taylors Chancen eher schmälern. Für seine Wahl spricht aber die ideologische Nähe zu Donald Trump.
Jerome Powell
Gemäss der Wahl-Wettseite Predict It hat Powell mit 56 Prozent die besten Chancen, gewählt zu werden. Als Gouverneur – dem obersten Führungsgremium des Fed – ist er bereits seit dem Sommer 2014 bei der Notenbank. Deshalb und weil er nie gegen die Politik von Yellen opponiert hat, befürchtet man von seiner Wahl auf den Kapitalmärkten ebenfalls wenig. Auch eine andere Geldpolitik wird von ihm nicht erwartet. Powell ist in der Geldpolitik allerdings deutlich weniger versiert als Yellen. Den grössten Teil seiner Karriere hat er als Partner der Carlyle Group, einem Private-Equity-Investmentvehikel, verbracht, das der Familie der Bushs nahesteht, die mit George Bush und George W. Bush zweimal die Präsidentschaft der USA innehatten. Für seine Wahl durch Trump spricht nicht nur seine Nähe zu den Republikanern, sondern auch, dass Powell sich dafür offen gezeigt hat, die Regulierung der Banken wieder etwas zu lockern.
Gary Cohn
Cohn ist gegenwärtig als Leiter des Nationalen Wirtschaftsrats Trumps ökonomischer Chefberater. Lange galt er der Kandidat mit den besten Chancen für die Yellen-Nachfolge. Nachdem er aber die öffentlichen Auftritte des Präsidenten im Nachgang zu den rassistisch motivierten Ausschreitungen in Charlottesville im August kritisiert hatte, ist sein Stern bei Trump laut verschiedenen Berichten gesunken. Gegen seine Wahl spricht auch, dass ihn Trump an seinem aktuellen Posten behalten will und dass er mit Geldpolitik bisher kaum etwas am Hut hatte. Seine Karriere hat er als Banker gemacht, so war er Präsident der US-Investmentbank Goldman Sachs. Diese Vergangenheit hat zur Folge, dass man auf den Kapitalmärkten vor ihm keine Angst hat. Man erwartet dort von ihm, wie von Yellen, keinen scharfen Zinsanstieg. Allerdings besteht die Befürchtung, dass er sich mehr von der Politik des Weissen Hauses vereinnahmen lassen könnte als etwa Yellen und damit der Unabhängigkeit des Fed weniger Gewicht geben würde.
Kevin Warsh
Warsh war zwischen 2006 und 2011 schon einmal als Gouverneur im mächtigsten Gremium des Fed vertreten. Ausgetreten ist er damals gemäss Berichten aus Protest über die eingeschlagenen aussergewöhnlichen Massnahmen, vor allem die Anleihenkäufe, um mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Ähnlich wie jene von Taylor kann auch seine Wahl die Märkte erschrecken, da von ihm eine raschere Reduktion der Fed-Bilanz erwartet wird, was die Geldversorgung einschränken würde. Sein Ruf als Geldpolitiker hat auch gelitten, weil er schon vor Jahren vor einer deutlich höheren Inflation gewarnt hat, die sich bis heute nicht zeigt. Für seine Wahl spricht, wie schon bei Taylor, vor allem die ideologische Nähe zu den Republikanern.
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