Das verschollene Interview mit Steve Jobs
Ein bislang unveröffentlichtes Interview von 1995 kommt in den USA in die Kinos. Es zeigt einen Steve Jobs, dem damals noch das Image des grossen Verlierers im PC-Krieg anhaftete.
«Das einzige Problem bei Microsoft ist, dass sie keinen Geschmack haben», sagte Steve Jobs in einem seiner seltenen Interviews unverfroren. Es war 1995, als Bob Cringley – ein Tech-Journalist der ersten Stunde – an seinem Dokumentarfilm «Triumph of the Nerds» arbeitete, in dem der rasante Aufstieg des Personal Computers nachgezeichnet wurde. Bill Gates, Larry Ellison, Steve Wozniak und natürlich Steve Jobs kamen darin zu Wort.
Über eine Stunde interviewte Cringley den Apple-Gründer, verwendet hatte er aber nur wenige Minuten davon. Das Rohmaterial verschwand unauffindbar, wie Cringley versichert. 16 Jahre später, wenige Wochen nach Steve Jobs Tod, entdeckte Regisseur Paul Seneine eine VHS-Kopie des Interviews in einer Kiste in seiner Garage. Entstaubt, aufgearbeitet und von Cringley ergänzt, wird dieses 68-minütige Gespräch unter dem Titel «Steve Jobs: The Lost Interview» in den USA während zwei Tagen in den Kinos ausgestrahlt. Das «Time Magazine» hat einen exklusiven Einblick erhalten.
Unternehmerischer Sachverstand
1995 war Jobs am Scheideweg seiner Karriere angelangt. Zehn Jahre zuvor wurde er von Apple-Konzernchef John Sculley in die Wüste geschickt. Mit Next hatte er ein neues Computerunternehmen gegründet, dessen Hardware jedoch einzig in der Wissenschaftswelt Anklang fand. «Steve war noch immer übermütig. Er kam herbei und sagte, wie schlecht Microsoft sei, und das alles zu einer Zeit, als Microsoft der Sieger war und er der Verlierer», beschreibt Cringley die damalige Situation gegenüber «Forbes».
So überrascht es umso mehr, wie Jobs schon damals von seiner Philosophie überzeugt war: «Es geht darum, das Beste zu nehmen und es zu verteilen, sodass jeder mit besseren Dingen aufwächst.» Im Gespräch mit Cringley offenbart sich, dass der Apple-Gründer vor allem über unternehmerischen Sachverstand verfügte. Ein Monopol führe immer dazu, dass am Ende die Verkaufs- und Marketingabteilung die Produkteentwickler verdrängen würden, erklärte Steve Jobs im Interview. Die Genialität werde damit von Menschen ausgerottet, die «nicht zwischen guten und schlechten Produkten unterscheiden können».
Die Rückkehr zu Apple
Auch mit anderen Klischees räumte Jobs in diesem seltenen Interview auf: «Ein Fehlgedanke ist, dass grossartige Ideen 90 Prozent der Arbeit ausmachen (…) doch in Wahrheit liegt zwischen einer grossartigen Idee und einem grossartigen Produkt ein grosser Anteil an Handwerk.» «Viele Menschen begreifen heute nicht, dass sein Mangel an technischer Kompetenz wohl gerade seine Stärke war», meint der Tech-Journalist dazu.
Nur ein Jahr nach dem Interview wurde Next von Apple gekauft. Ab 1997 war Steve Jobs wieder an der Spitze des Unternehmens, das er 1976 mit Steve Wozniak gegründet hatte. Um das Unternehmen zu retten, holte er sich ausgerechnet die Hilfe von Bill Gates' Microsoft, das 150 Millionen Dollar in stimmrechtslose Aktien investierte. Seine offene Abneigung gegenüber dem grossen Konkurrenten war für ihn kein Hindernis. Es war eine der besten Entscheidungen des Unternehmers Jobs.
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