Nun ist es also so weit: Hans-Georg Maassen wird versetzt, Deutschland bekommt einen neuen Chef des Bundesverfassungsschutzes. An der Ablösung trägt im Grunde nur einer Schuld: Maassen selbst. Zum Verhängnis wurde ihm nicht, wie die Alternative für Deutschland (AfD) nun klagt, dass er Kanzlerin Angela Merkel in der Asylpolitik widersprochen hat. Das tut er schliesslich seit Jahren, bisher ungestraft – und nach seiner Versetzung wird er im Innenministerium nicht damit aufhören.
Zum Verhängnis wurde ihm vielmehr, dass er als Chef des Inlandgeheimdienstes nach den Ereignissen von Chemnitz mit Einschätzungen und nebulösen Andeutungen Zweifel säte, die er nicht überzeugend belegen konnte. Faktisch arbeitete er damit Kräften wie der AfD zu, die die rechtsradikalen Übergriffe am liebsten hinter einer Nebelwand von Verharmlosungen und Wortklaubereien verschwinden lassen wollen.
Maassen muss gehen, weil er seinen Fehler nicht nur nicht einsah, sondern gar noch trotzig darauf beharrte. Deswegen verlor er das Vertrauen nicht nur der Kanzlerin und eines Teils ihrer christdemokratischen Partei, sondern auch der mitregierenden Sozialdemokraten. Vertrauen ist zentral für einen, dessen Amt darin besteht, die Verfassung gegen ihre Feinde zu schützen.
Maassen aber neigte mittlerweile so stark nach rechts, dass es ernste Zweifel gab, ob er und seine Behörde Rechtsradikalen ähnlich resolut entgegen treten wie Extremisten am linken Rand. In einer sich rapide polarisierenden Gesellschaft sind solche Zweifel Gift.
Die Strafversetzung Maassens, wiewohl als Beförderung getarnt, ist ein Erfolg für die SPD, die diesen Schritt gefordert hatte. Und eine Niederlage für Innenminister Horst Seehofer, der Maassen fallen lassen musste, wollte er nicht selbst stürzen. Der Bruch der Regierung ist damit zwar abgewendet, die Quelle der Spannungen aber bleibt.
Spätestens seit dem brutalen Machtkampf um die Asylpolitik im Sommer können Merkel und Seehofer offenkundig nicht mehr zusammenarbeiten. Der CSU-Chef fühlt sich von der Kanzlerin gedemütigt und ist entschlossen, es ihr heimzuzahlen, wo immer er kann. Merkel müsste ihn eigentlich längst entlassen, kann es aber nicht, weil ihre Macht auch an der CSU hängt. Gewiss ist: Solange Seehofer Innenminister bleibt, wird diese deutsche Regierung nicht zur Ruhe kommen.
In dreieinhalb Wochen wird in Bayern gewählt, der CSU werden grosse Verluste vorausgesagt. Für die Regierung in Berlin wäre es ein Glück, sollte Parteichef Seehofer über das Desaster stürzen. Aber vertrauen darauf sollte man besser nicht.
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Das wahre Problem heisst Seehofer
Der Bruch in der deutschen Regierung ist mit der Versetzung Masssens abgewendet. Doch die Quelle der Spannungen bleibt.