Das Zauberwort heisst Selbstvertrauen
Stan Wawrinka zeigte in Toronto gegen Rafael Nadal und nun gegen Diego Schwartzmann viele jener Qualitäten, die ihn zum Grand-Slam-Champion machten.

Als Stan Wawrinka, getauft auf den Namen Stanislas, spätabends im Lindner Family Tennis Center in einem Vorort von Cincinnati zur Pressekonferenz erscheint, trägt er ein rotes T-Shirt mit der Aufschrift «Stan the Man». Diesen Übernamen trägt er aufgrund des Reims, aber auch, weil er durch seine kraftvollen Schläge auf dem Platz eine Macht darstellen kann. Denn «you the man» ist US-Slang und ein Ausdruck, mit dem Anerkennung gezollt wird im Sinn von: «Du bist der Boss.»
Diesen Eindruck hatte Wawrinka nach seinen beiden Knieoperationen auf dem Court lange kaum mehr hinterlassen, sondern meistens unsicher und verletzlich gewirkt. Doch die beiden hart erkämpften Dreisatzsiege in Toronto gegen Nick Kyrgios sowie Marton Fucsovics haben offenbar Wunder gewirkt. Jedenfalls begegnete er anschliessend Rafael Nadal, der Weltnummer 1, quasi auf Augenhöhe und strahlte am Montag in Mason bei Cincinnati gegen Diego Schwartzmann zumindest phasenweise jene Autorität und Unwiderstehlichkeit aus, die ihn zum Grand-Slam-Champion hatten aufsteigen lassen. Immer wieder gelangen ihm gegen den flinken Argentinier, immerhin die Nummer 12 im Ranking, grossartige Gewinnschläge – meist mit der Vorhand, in der Endphase des Matches aber auch mehrfach mit seiner einhändigen Rückhand.
Das Knie macht mit
Wawrinka siegte 6:2, 4:6, 6:3 und spricht von «einem grossen Test. Ich brauche Matches wie diesen, sie sind wichtig für mein Selbstvertrauen. Die Partie gegen Schwartzmann zeigt, dass ich gut spiele und mich gut bewege». Das Zauberwort im Hinblick auf die Rückkehr in die Weltspitze lautet Selbstvertrauen, jedenfalls schneidet der Waadtländer dieses Thema immer wieder an. «Langsam, aber sicher kommt mein Spiel zusammen, aber ich erwarte immer noch ein Auf und Ab in den nächsten Wochen und Monaten. Das Wichtigste ist, dass ich weiterhin hart arbeite und dass ich solche Matches gewinne. Stück für Stück kommt so mein Selbstvertrauen zurück», sagt er etwa.
Er erwähnt zudem, er habe sich physisch nach seinen drei harten Spielen in Toronto gut gefühlt. «Ich vertraue meinem Körper, nun muss ich auch noch meinem Kopf vertrauen.» Physisch sei er stark, doch das Mentale beeinflusse auch die Fitness. «Wenn du nervös bist, fühlst du dich müder. Bist du hingegen entspannter, selbstbewusster, zieht die Fitness mit, dann bist du ein anderer Spieler.»
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Video: Wawrinka verzückt die Zuschauer in Toronto
Wie zu seinen besten Zeiten: Wawrinka zeigt einen Zauberschlag gegen Nadal. Video: Tamedia
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Ohne Geduld geht es nicht
Der Rechtshänder verfügt über viel Erfahrung, daher ist ihm klar: Selbstvertrauen ist etwas Flüchtiges, das schnell verschwindet, aber nur langsam aufgebaut wird. Rückschläge sind deshalb unvermeidlich. «Am Anfang war die Situation sehr frustrierend, weil ich merkte, wie weit ich von meinem besten Niveau entfernt war. Doch ich war sehr geduldig mit mir, und ich bin es immer noch. Ich weiss, dass noch einige ganz schwierige Partien auf mich zukommen, und zwar in körperlicher als auch in mentaler Hinsicht.» Trotzdem: Die schwierigste Zeit liegt hinter ihm, Zuversicht ist angebracht. Motivation zu finden, falle ihm leicht, erzählt er. Er habe grosse Lust, wieder sein bestes Niveau zu erreichen. «Und nun bin ich überzeugt, dass ich es schaffen werde, auch wenn es etwas Zeit braucht. Ich bewege mich in die richtige Richtung.» Er fügt an, das Vertrauen in die Arbeit, die er mache, sei gross.
Wildcard fürs US Open
Die Aufwärtstendenz möchte Wawrinka in der zweiten Runde gegen Kei Nishikori bestätigen. Der Japaner (ATP 23), einst die Nummer 4 der Welt, ist durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen worden. Beide haben bisher je vier Direktbegegnungen gewonnen; Wawrinka bezeichnet Nishikori als «gefährlichen Gegner. Ich erwarte eine intensive Partie». Umso wertvoller wäre ein Sieg, er würde das Selbstvertrauen weiter stärken.
Die nächste Haltestelle des Comeback-Zugs befindet sich dann in Flushing Meadows. Seit gestern ist klar, dass Wawrinka am US Open nicht die Qualifikation bestreiten muss, wurde ihm doch eine Wildcard für das Haupttableau zugesprochen. Offenbar haben sich die Veranstalter an «Stan the Man» erinnert, der in der Vergangenheit mit seinem kraftvollen Stil das NewYorker Publikum oft begeisterte und 2016 den Titel holte. «Ich blicke dem US Open zuversichtlicher entgegen als noch dem French Open und Wimbledon», sagt Wawrinka.
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