Del Ponte will syrische Verbrecher vor Gericht bringen
Geiselnahmen durch Rebellen, mutwillige Zerstörung durch das Regime: Die Syrien-Kommission der UNO, zu der auch Carla del Ponte gehört, fordert, dass der Internationale Strafgerichtshof in Syrien ermitteln darf.

Im syrischen Bürgerkrieg gibt es nach Ansicht von UNO-Experten keine militärische Lösung. Das geht aus einem heute Montag in Genf veröffentlichten Bericht einer unabhängigen Syrien-Kommission hervor, die vom UNO-Menschenrechtsrat berufen worden war.
In dem Bericht der Kommission, der auch Carla del Ponte angehört, heisst es: «Es gibt keine Alternative zu einer friedlichen Lösung.» Es sei daher die gemeinsame Verantwortung der internationalen Gemeinschaft und der direkt am Krieg Beteiligten, nach einer friedlichen Beilegung zu suchen.
Die Durchsetzung einer Waffenruhe und die Beendigung der massenhaften Verletzungen von Menschenrechten durch Regierungstruppen wie durch die bewaffnete Opposition seien «von überragender Bedeutung», erklärte die Kommission unter Leitung des brasilianischen Diplomaten Paulo Pinheiro.
Kriegsverbrechen häufen sich
Die Expertengruppe rief den UNO-Sicherheitsrat erneut auf, zur Verfolgung und Bestrafung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag einzuschalten. Dazu wird der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, im März eine vertrauliche Liste mit Namen und Einheiten übergeben, denen derartige Verbrechen angelastet werden.
Die Expertengruppe wirft – wie schon in früheren Lageberichten – vor allem den Kräften des Assad-Regimes, aber auch regierungsfeindlichen Gruppen zahlreiche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor.
Von beiden Seiten seien Morde, Folter, Vergewaltigungen und Angriffe auf Zivilisten begangen worden. Der Regierungsseite werfen die UNO-Experten ausserdem willkürliche Verhaftungen, illegale Angriffe, Plünderungen und mutwillige Zerstörungen vor.
Kindersoldaten auf beide Seiten
Die Rebellen wiederum seien auch für Geiselnahmen verantwortlich. Durch ihre Praxis, sich in Wohngebieten festzusetzen, brächten sie zudem die Zivilbevölkerung in Gefahr.
Wenn die Rebellen aus Wohngebieten heraus ihre Gegner beschössen, sei dies ebenfalls als Angriff auf die Zivilbevölkerung zu werten und stelle somit ein Kriegsverbrechen dar, schreibt die Syrien-Kommission.
Regierungskräfte wie Rebellen setzten ausserdem im Kampf Kinder ein, die weniger als 15 Jahre alt seien. Damit verstossen sie gegen die Rechte von Kindern.
Waffen und ausländische Kämpfer
Seit vergangenem Juli verschlechtere sich die Lage der Menschenrechte in Syrien in raschen Schritten. Die Konfliktlinien verlaufen demnach immer stärker entlang den Bevölkerungsgruppen.
Der Konflikt habe sich radikalisiert und militarisiert, schreiben die Experten des Menschenrechtsrat. Gründe seien der immer grössere Zulauf von Kämpfern aus dem Ausland und die Tatsache, dass immer mehr Waffen ins Land gelangten.
Der Kommission gehört seit einigen Wochen auch die Tessinerin Carla del Ponte an, die Ex-Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien und ehemalige Schweizer Bundesanwältin.
Der Bericht der Kommission stützt sich auf 445 Interviews mit Opfern von Verbrechen und Zeugen im vergangenen halben Jahr im Ausland. Die Kommission darf nicht nach Syrien reisen.
EU will keine Waffenlieferungen an Assad-Gegner
Die EU-Aussenminister haben heute Montag zudem beschlossen, das Waffenembargo gegen Syrien für weitere drei Monate beizubehalten. Eine Lockerung mit der Möglichkeit einer Militärhilfe für die Rebellen lehnten sie ab, wie die EU nach den Beratungen in Brüssel mitteilte.
Vor allem die britische Regierung trat nach Informationen aus EU-Kreisen für eine Lockerung des Embargos ein, um die Rebellentruppen mit Munition versorgen zu können. Das Foreign Office in London bekräftigte, dass eine diplomatische Lösung weiter das Ziel bleibe. Aber das internationale Vorgehen habe bisher zu wenig erreicht. «Mangels eines diplomatischen Durchbruchs ist es richtig, dass wir weiter alle Optionen in Erwägung ziehen, um die Bürger zu schützen und der Nationalen Koalition und anderen nichtextremistischen Oppositionsgruppen beistehen.»
SDA/fko
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