Demo gegen WohnungsnotVersprayte Wände, fliegende Steine und kaputte Scheiben
Über 1000 Personen nahmen am Samstagabend in Zürich an einer unbewilligten Demonstration gegen die Wohnungsnot in der Stadt teil. Während des Umzugs kam es zu Sachbeschädigungen. Vier Personen wurden verhaftet.

Als Reaktion auf die Schliessung des Koch-Areals letzten Donnerstag und auch um auf die Wohnsituation in Zürich aufmerksam zu machen, wurde auf verschiedenen Social-Media-Kanälen bereits im Lauf der Woche zu einer Demonstration für den Samstagabend um 18 Uhr aufgerufen.
30 Minuten vor dem angekündigten Demostart beim Landesmuseum hatte die Polizei den Bahnhof auf der Seite Landesmuseum mit Gittern abgeriegelt. Am Bahnhofquai wurden mehrere Einsatzwagen und ein Wasserwerfer postiert, auf der Walchebrücke Einsatzwagen mit Absperrvorrichtung. Laut dem Einsatzleiter der Kantonspolizei wollte man einen etwaigen Umzug über die Museumstrasse «abfliessen» lassen.
Ab 18 Uhr war die Walchebrücke für den öffentlichen Verkehr gesperrt; ebenso der Bahnhofquai und die Museumstrasse. Trams fuhren in keine der beiden Richtungen mehr. Auch die Haltestelle Bahnhofquai/Hauptbahnhof wurde gesperrt.
Erste Sachbeschädigungen – Umzug artet aus
Bis 18.30 Uhr versammelten sich einige Hundert Personen vor dem Landesmuseum, die «Proletarische Singgruppe» sang «All You Fascists Bound to Lose» des Singer-Songwriters Woody Guthrie. Dann setzte sich der Umzug, wie geplant, entlang der Museumstrasse Richtung Sihlquai unter dem Knallen von Feuerwerk in Bewegung. Die friedliche Stimmung, die da noch herrschte, sollte nicht bis zum Schluss anhalten.
Auf der Route via Zoll-, Klingen-, Acker- und Langstrasse stiessen immer mehr Teilnehmende – inklusive eines Traktors mit Soundsystem – dazu. Erste Schätzungen gingen von rund 1000 Personen aus. Diese Zahl bestätigte die Polizei am Sonntagmittag. Der Umzug bot ein von anderen Demonstrationen bekanntes Bild: Zuvorderst der harte Kern, vermummt und hinter Transparenten, dann gemässigtere Sympathisanten und Sympathisantinnen unterschiedlichen Alters, teils mit Kindern.

Slogans wie «Wo Wo Wohnige, Hü Hü Hüser» wurden skandiert, «Eat the Rich» und «Alles wird besetzt» an die Wände und Scheiben gesprayt, während vereinzelt Raketen abgefeuert wurden.
Als der Umzug dann von der Zollstrasse in die Langstrasse abbog und dort durch die Unterführung in den Kreis 4 zog, wurde ein vorfahrendes Polizeiauto mit Steinen beworfen. Nach der Unterführung gingen die ersten Scheiben zu Bruch. So etwa jene des Restaurants Lady Suzette.

Die Verwüstungen nahmen zu. Bei diversen Neubauten, so zum Beispiel an der Ankerstrasse, wurden Scheiben eingeschlagen und Fassaden mit Farbe beworfen. Vermummte schlugen Billettautomaten an Tramstationen kaputt, einem stehenden Tram wurde die Scheibe eingeschlagen, weitere klirrten bei einem Schmuck- und Uhrenhändler, der BMW-Garage der Binelli Automobile AG und bei Lily’s Factory beim Lochergut, um nur einige zu nennen. Mit der zunehmenden Zerstörung nahm aber auch die Zahl der teilnehmenden Demonstrantinnen und Demonstranten ab.

Auffällig war auch das Fehlen jeglicher Polizeipräsenz: Bis auf den vorfahrenden Streifenwagen waren in dieser Zeit keine Polizisten zu sehen. Die Stadtpolizei liess sich am Sonntag in einer Medienmitteilung vernehmen: Der Sachschaden könne noch nicht beziffert werden. Und: Die Polizei habe vier Personen festgenommen.
Nach rund zwei Stunden endete dann die Demonstration auf der Fritschiwiese, wo für die Teilnahme gedankt wurde, noch einmal die «Proletarische Singgruppe» einen Auftritt hatte und unter Gitarrenbegleitung «It’s a good day to fight the system» sang. Nachdem die übrig gebliebene Menschenmenge noch über Megafon darüber aufgeklärt wurde, nicht über den Hardplatz zu gehen, denn dieser sei «voll mit Bullen», verliessen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach und nach das Gelände.
Fehler gefunden?Jetzt melden.