
Auf jede Bewegung folgt eine Gegenbewegung, das ist in der Physik so, und in der Politik verhält es sich selten anders. Was bei der letzten Wahl in Frankreich geschehen ist, war freilich mehr als eine Bewegung, auch wenn sie als eine solche deklariert war: die Bewegung En Marche, die laut ihrem Gründer Emmanuel Macron eben keine klassische Partei sein sollte, sondern ein «mouvement», das sich mit jugendlich-kräftigen Flügelschlägen über die betonierte Parteienlandschaft erhebt und zu höheren Zielen aufschwingt. Das Kalkül ging auf, die Bewegung steigerte sich zum Umsturz, Emmanuel Macron kreist seither als Sieger und Rundumreformer über den Trümmern der alten Parteien. Nun folgen also naturgemäss die Gegenbewegungen.
Die eine hat sich bereits innerhalb von Macrons Irgendwie-doch-Partei formiert. Dutzende einst Mitbewegte, die den Führungsstil des Chefs inzwischen doch nicht mehr ganz so unkonventionell finden, sondern eher sehr klassisch-hierarchisch, ja autoritär. Die andere rührt sich unter den bei der Wahl Gedemütigten; denen, die da unten in den Trümmern sitzen. In den Reihen der Republikaner etwa, der Partei von Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy, deren diesjähriger Kandidat François Fillon sich vor der Wahl mit einer Affäre um mutmasslich veruntreute öffentliche Gelder ins Aus geschossen hat.
Weniger Europa und mehr «Autorität der Nation»
Auf der Suche nach einem Anti-Macron hat sich die einst stolze, liberal-konservative Partei jetzt gegen Florence Portelli entschieden, die im Wahlkampf als Sprecherin von Fillon aufgetreten war, und auch gegen Maël de Calan, der mit Macron kooperieren und die EU stärken wollte. Die Basis hat mit 74,64 Prozent Laurent Wauquiez zum Vorsitzenden gewählt, der mit der Botschaft für sich geworben hatte, er sei «stolz darauf, rechts zu sein», und zwar nicht irgendwie, sondern «wirklich rechts». Darunter versteht er, nach eigenem Bekunden, weniger Europa und mehr «Autorität der Nation». Präventivhaft für islamistische Gefährder, nur noch ein «striktes Minimum» an Einwanderung. Die Eindämmung jenes «Krebsgeschwürs» namens Sozialstaat.
Wauquiez ist nur zweieinhalb Jahre älter als Macron (42 also) und hat ähnliche Überfliegerqualitäten (unter anderem war er Jahrgangsprimus der Kaderschmiede ENA), aber im Gegensatz zu Macron hat er bereits graue Haare; allein sein Äusseres transportiert also schon ideal die Botschaft, dass Jugend und Etabliertheit nicht per se ein Widerspruch sein müssen. Wauquiez' Rhetorik lässt wenig Zweifel daran, dass er all die Enttäuschten zurückholen will, die zum rechtsradikalen Front National übergelaufen sind. Wie ernst er seine scharfen Sprüche wirklich meint, ist unklar; manche Kritiker nennen ihn die «Karikatur» eines Rechten. Aber das ist im Moment zweitrangig. Hauptsache:
«Wir sind zurück», so skandierten es feiernde Republikaner nach der Urwahl.
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Der Anti-Macron von rechts
Laurent Wauquiez führt neu die französischen Republikaner an.