Der Anwalt, der Puigdemont vor Spaniens Justiz schützen soll
Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident hat in Belgien Paul Bekaert engagiert. Spaniens Medien betonen gerne dessen Vergangenheit als Anwalt von ETA-Terroristen.

Paul Bekaert, Anwalt des katalanischen Separatisten Carles Puigdemont, hat in seiner langen Laufbahn immer wieder Turbulenzen zwischen Belgien und Spanien ausgelöst, weil er für seine Klienten mit Erfolg Gesuche der spanischen Justiz abwehrte. In den 1990er-Jahren zum Beispiel verteidigte der belgische Staranwalt das aus dem Baskenland stammende Paar Luís Moreno und Raquel García, denen die spanischen Behörden Mitgliedschaft in der Untergrundorganisation ETA vorgeworfen hatten. Mehrere Auslieferungsgesuche der spanischen Justiz scheiterten. Weil das belgische Recht eine Auslieferung bei politisch motivierten Straftaten nicht zulasse, wie es etwa in einem belgischen Urteil von 1995 heisst. Moreno und García konnten in Belgien bleiben. Ein paar Jahre später wurde das baskische Paar sogar eingebürgert.
Erfolgreich wirkte Bekaert auch im Fall einer früheren mutmasslichen ETA-Terroristin, Maria Natividad Jauregui Espina. 2013 verweigerte die belgische Justiz die Auslieferung der seit über 30 Jahren gesuchten Baskin an Spanien wegen menschenrechtlicher Bedenken. Im Umgang mit Mitgliedern der ETA waren den spanischen Behörden regelmässig Foltervorwürfe gemacht worden.
Zu den Klienten von Bekaert gehörten auch palästinensische und kurdische Aktivisten in der Grauzone zum Terrorismus. Bekaert befasst sich seit Jahrzehnten mit dem Kampf von militanten Unabhängigkeitsbewegungen, immer mit dem Fokus auf die Menschenrechte. Für die Liga der Menschenrechte hatte er auch mehrmals Nordirland und Spanien bereist.

Spanische Medien, darunter die Zeitung «El País», verweisen in der Berichterstattung an prominenter Stelle auf die Vergangenheit des Puigdemont-Anwalts als Verteidiger von ETA-Mitgliedern und -Terroristen. Damit rücken sie den katalanischen Politiker in die Nähe von Terroristen der in Spanien ausserhalb des Baskenlandes verhassten Untergrundorganisation, die in den 1980er-Jahren schlimme Attentate verübt hatte.
Menschenrechte und Asylrecht, Auslieferungsgesuche und der europäische Haftbefehl: Das sind die Themen von Bekaert, dessen Kanzlei sich in einer historischen Villa im flämischen Tielt befindet. Jetzt hat er ein politisch brisantes Mandat angenommen, das zu neuen Verstimmungen zwischen Belgien und Spanien führen könnte.
Der 68-jährige Belgier soll Carles Puigdemont vor dem Zugriff der spanischen Justiz schützen. «Ich habe mehr als 30 Jahre Erfahrung mit Auslieferung und politischem Asyl spanischer Basken», sagte Bekaert am Montagabend im flämischen Fernsehsender VRT. «Wahrscheinlich hat er mich aufgrund dieser Erfahrung kontaktiert.» Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident hält sich seit Montag in Belgien auf. Wie Bekaert dem TV-Sender VRT sagte, ging es im ersten Gespräch mit Puigdemont um Vorbereitungen im Umgang mit der spanischen Zentralregierung.
Puigdemont will kein Asyl in Belgien
Puigdemont will nach eigenen Angaben nicht in Belgien Asyl beantragen. Er sei in Belgien, um «in Freiheit und Sicherheit zu handeln», sagte er am Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Brüssel. Wenn ein fairer Prozess in Spanien garantiert wäre, würde er sofort zurückkehren, sagte er. Puigdemont rief zu Gewaltverzicht und Dialog auf. Sein Team werde seine Arbeit fortsetzen, obwohl ihm Beschränkungen auferlegt worden seien. Die von der spanischen Zentralregierung für Dezember angesetzte Wahl in Katalonien sei «eine Herausforderung, die wir mit unserer ganzen Kraft annehmen». Spanien wolle, «dass wir unser politisches Projekt aufgeben, und sie werden es nicht erreichen.» Auf die Frage von Journalisten, wie lange er in Belgien bleiben werde, sagte Puigdemont: «So lange wir es für notwendig erachten.»
Die spanische Justiz hat ein Strafverfahren gegen Puigdemont wegen «Rebellion» eingeleitet. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte beim obersten Gericht gegen Puigdemont und dessen Regierung ein Verfahren unter anderem wegen «Aufruhr, Unterschlagung und Amtsmissbrauch». Auf Rebellion stehen in Spanien 15 bis 30 Jahre Gefängnis, Aufruhr kann mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.
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