Der bisher schlechteste Bundesrat
In einer Sondersession muss das Parlament die grösste Dummheit von Ex-Finanzminister Hans-Rudolf Merz ausbügeln: die Reform der Unternehmenssteuer. Höchste Zeit, meint Philippe Löpfe.
Über Tote und zurückgetretene Politiker soll man bekanntlich nur Gutes sagen. Für den früheren Finanzminister Hans-Rudolf Merz muss eine Ausnahme dieser Regel gemacht werden: Er war der bisher schlechteste Bundesrat. Weshalb?
Ende Februar 2008 hatte das Schweizer Stimmvolk mit einer hauchdünnen Mehrheit von 0,5 Prozent der Reform der Unternehmenssteuer zugestimmt. Der damalige Finanzminister Hans-Rudolf Merz hatte diese Reform mit der Allzweckwaffe «Das ist gut für die Wirtschaft und die KMU» angepriesen und schädliche Nebenwirkungen mehr oder weniger ausgeschlossen. Im Abstimmungskampf sprach er von Steuerausfällen von höchsten 50 Millionen Franken, im Abstimmungsbüchlein war von allenfalls 83 Millionen Franken die Rede. So etwas zahlt man heute quasi aus der Kaffeekasse.
Doch diese Angaben waren schlicht falsch. Inzwischen rechnen Linke mit Steuerausfällen von bis zu 30 Milliarden Franken. Das mag übertrieben sein. Doch selbst die Nachfolgerin von Merz, Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, hat inzwischen eingeräumt, dass es mindestens sechs Milliarden Franken sein werden. Das zahlt man auch heute nicht aus der Kaffeekasse, und wären diese Zahlen im Abstimmungskampf auf den Tisch gelegt worden, dann wäre das Verdikt des Stimmvolkes mit Sicherheit anders ausgefallen. Darin sind sich alle einig.
Warum wurde dies nicht getan? Es gibt zwei Thesen:
These eins: Merz hat das Stimmvolk angelogen. Für diese These spricht die bekannte Nähe des Ex-Bundesrates zu den Wirtschaftsverbänden und seine geradezu unterwürfige Haltung gegenüber den Grossbanken. Deshalb habe Merz verschwiegen, dass er mit der Unternehmenssteuerreform vor allem Grosskonzernen Steuergeschenke in Milliardenhöhe gemacht hat, sagen die einen. Die Täuschung lag im Kleingedruckten, respektive im Begriff «rückwirkend». Der Trick liegt darin, dass unter gewissen Umständen eine Steuerbefreiung bis 1997 eingeführt wurde. Die hoch bezahlten Steuerjuristen nahmen diese Vorlage gerne an. Die Credit Suisse kann nun steuerfrei Dividenden von 1,5 Milliarden Franken ausbezahlen, bei der Zurich-Versicherung sind es gar 2,5 Milliarden Franken.
These zwei: Merz ist selbst über den Tisch gezogen worden. Für diese These spricht, dass der Appenzeller nie den Eindruck eines kompetenten Finanzfachmanns hinterliess. Auf dem Höhepunkt der Abzockerdebatte musste er vom eigenen Departement daran gehindert werden, Stock-Optionen für Manager steuerlich zu begünstigen. Sein Lebenswerk, die Reform der Mehrwertsteuer, ist derart verunglückt, dass sie wohl nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird. Über die Abenteuer des Bundesrats Merz in Libyen schweigt des Sängers Höflichkeit.
Ob Täuschung oder Dummheit: Bei der Unternehmenssteuerreform ist das Stimmvolk hinters Licht geführt worden. Das ist unbestritten, und gilt es zu korrigieren.
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