
Ein nationales Impfziel ausgeben, dieser Schritt überzeugt nur auf den ersten Blick: Der Bundesrat koppelt nun das Ende der Corona-Massnahmen daran. Solange nicht 93 Prozent aller über 65-Jährigen und 80 Prozent aller 18- bis 65-Jährigen geimpft seien, müssten sie nach heutigem Wissensstand beibehalten werden, teilt er mit. (Hier gehts zur Corona-Medienkonferenz im Ticker.)
So ein Ziel kann der Bevölkerung Halt geben, es kann Zögerliche doch noch zu einem Impfentscheid bewegen. Und es wäre erfreulich, wenn die gleichzeitig vom Bundesrat beschlossene Offensive tatsächlich dazu führen würde, dass die Schweiz bei der Impfquote wieder zu den besten Nationen aufschliessen könnte. Noch braucht es dafür gegen 1 Million zusätzliche Geimpfte.
Trotzdem ist es kein guter Weg, das Ende der Massnahmen von einer fixen Kennzahl abhängig zu machen. Das Virus hält sich nicht an starre Vorgaben – das mussten Regierungen überall auf der Welt im Positiven und im Negativen in den letzten eineinhalb Jahren der Pandemie erfahren. Gesundheitsminister Alain Berset hat sich deshalb in der Vergangenheit zu Recht dagegen gewehrt, Entscheide direkt an Kennzahlen zu koppeln. Corona-Politik ist dann erfolgreich, wenn sie schnell auf die sich ständig verändernde Lage reagiert.
Der Bundesrat weicht vom Grundsatz der Schweizer Corona-Politik ab.
Mit so wenigen Einschränkungen wie möglich mit dem Virus leben, ohne eine Überlastung des Gesundheitswesens zu riskieren: Das ist der Grundsatz der Schweizer Corona-Politik, seit die Impfung allen über 12 Jahren zur Verfügung steht. Darum wurde die Ausweitung der Zertifikatspflicht nicht auf Vorrat beschlossen, sondern erst, als klar wurde, dass es wegen der zu tiefen Impfquote nicht anders geht.
Luca De Carli ist Teamleiter im Ressort Inland. Er schreibt und recherchiert zum aktuellen Politgeschehen der Schweiz und koordiniert eine Woche pro Monat als diensthabender Redaktor die Berichterstattung des Ressorts.
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Kommentar zur Impfoffensive – Der Bundesrat sollte auf ein Impfziel verzichten
Bislang ist die Regierung gut damit gefahren, Einführung oder Aufhebung von Corona-Massnahmen nicht an fixe Kennzahlen zu koppeln. Sie sollte dabei bleiben.