Der «Chef» organisierte den geheimen Widerstand
Efrem Cattelan mobilisierte einst den Widerstand der Organisation P 26. Erst kürzlich versammelte er über hundert Menschen in Wetzikon.
Von Anna E. Guhl Wetzikon – «Geheim.» Das zieht. Über hundert Personen folgten am Dienstagabend der Einladung der Offiziersgesellschaft Zürcher Oberland ins Restaurant Iwaz in Wetzikon. Es referierte Efrem Cattelan. Bis zu ihrer Auflösung 1990 hatte Cattelan die geheime Widerstandsorganisation «Projekt 26», kurz P 26, geführt (siehe Kasten). Man wollte den stattlichen Mann mit den legendären buschigen Augenbrauen (die an diesem Abend sorgfältig gestutzt waren) einmal aus der Nähe erleben. «Die P 26 war nicht der Weisheit letzter Schluss», begann Cattelan. Vorsicht ist dem inzwischen 80-jährigen Infanterieobersten geblieben. Der Basler referierte auf Hochdeutsch ab Manuskript. Grundlage für seinen Auftrag war der Sicherheitspolitische Bericht von 1973. Dieser forderte, eine Besetzung des Landes dürfe nicht das Erlöschen jeglichen Widerstands bedeuten. Widerstand aber sei nur im Einklang mit der Bevölkerung möglich. Für die P 26 wurden Frauen und Männer rekrutiert, die charakterlich geeignet schienen, ein unauffälliges bürgerliches Leben führten und im Raum einer Widerstandszelle lebten. Zur Ausbildung gehörte konspiratives Verhalten. Jede Zelle war mit Funkgeräten, Sanitätsmaterial und ein paar Waffen ausgestattet. Weiteres P-26-Material lagerte in ausgemusterten Armeekavernen. Im Besetzungsfall wäre die P 26 durch zwei identische Stäbe geführt worden. Einer sollte im noch nicht besetzten Inland arbeiten, der andere im Ausland. Personalfirma zur Tarnung Das Konzept erarbeitete Cattelan im Learning-by-Doing-Verfahren. Es sah 800 Mitglieder vor und verfügte über ein Budget von drei Millionen Franken pro Jahr. Davon wurden auch Goldreserven gebildet, die später dem Roten Kreuz übergeben wurden. 1990 waren etwa 400 Mitglieder rekrutiert und zum Teil ausgebildet. Die Ausbildung geschah oft als Einzelunterricht, jedes Mitglied kannte nur etwa vier andere. Pfäffiker fiel auf Tarnung herein Einzig Cattelan selber kannte alle, er traf sie in den Kursen. Sie ihrerseits kannten sein Gesicht und den Namen: «Chef». Die Geheimhaltung funktionierte. Es habe einen einzigen zu ahndenden Fall gegeben, so Cattelan. Und was sagten die P-26-Angehörigen zu Hause? Entweder nichts. Oder dann weihten sie ihre Partner ein. Danach mussten diese eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben. Cattelan selber gründete zur Tarnung in Basel eine Personalschulungsfirma. Der Pfäffiker Peter Perret, der der Offiziersgesellschaft den Referenten vermittelt hatte, war einst Adjutant in Cattelans Regimentsstab. Bevor er der Spur nach etwas von dem Widerstand P 26 hörte, fiel er auf die Tarnfirma des Chefs herein: Er hätte sie für eine Aufgabe im Unternehmen des eigenen Arbeitgebers engagieren wollen, erzählte er an diesem Abend schmunzelnd. Wie wirkt das P-26-Konzept auf heute aktive Offiziere? Wie Steinzeit? «Es war eine andere Zeit», gab der Joner Brigadier Daniel Lätsch, Direktor der Militärakademie an der ETH Zürich, zu bedenken. Diese Leute hätten in ihrer Zeit mit ihren Mitteln das Beste gemacht. Ob es auch funktioniert hätte, sei allerdings eine andere Frage.
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