«Der Euro ist nicht zu retten»
Nobelpreisträger Paul Krugman fordert, ein Scheitern des Euro müsse unbedingt verhindert werden – doch er sieht schwarz. Der Starökonom wundert sich auch über die SNB.

Sollten die europäischen Staaten wieder zu nationalen Währungen zurückkehren, käme es zu einem Chaos auf den Finanzmärkten, warnt US-Starökonom Paul Krugman. Darüber hinaus würde das «Projekt Europa, der breitere Prozess – Wohlstand durch Frieden und Demokratie – gefährdet», sagt er gemäss «Focus-Money».
Von heute aus betrachtet, sei die Schaffung des Euro ein Fehler gewesen. «Wenn ich eine Zeitmaschine hätte und in die 90er zurückgehen könnte, würde ich laut rufen: Nein! Tut es nicht.» Man könne den Euro nun aber nicht einfach auflösen, weil das gravierende Konsequenzen für den Wohlstand hätte – und vielleicht sogar Frieden und Demokratie gefährden könnte. Er glaubt deshalb, dass man auf jeden Fall versuchen sollte, die Einheitswährung zu retten. Doch der streitbare Nobelpreisträger zweifelt, ob das gelingen wird: «Letzten Endes wird der Euro wahrscheinlich nicht zu retten sein», sagte er laut «Focus» am Asian Financial Forum in Hongkong auf Fragen von Journalisten.
Deutschland als Profiteur
Dabei kritisiert er auch die Position Deutschlands. Die führende Wirtschaftsmacht Europas habe in den 90er-Jahren selber eine Krise durchgemacht. Dank eines Booms und hoher Inflationsraten in Südeuropa hätten die Deutschen ihre Krise überwinden können. Nun haben sich die Rollen umgekehrt, Südeuropa leidet unter einer Rezession. «Aber die Deutschen sagen: ‹Oh, nein, wir können keine Inflation akzeptieren, die Südeuropäer müssen sich mit ihrer Deflation abfinden.›» Krugman kritisiert das als unfaire Lastenteilung.
Ausserdem könnten die Deutschen nicht einfach behaupten, die Schuldenprobleme des Südens gingen sie nichts an. Deutsche Landesbanken hätten etwa spanischen Sparkassen viel Geld geliehen. Damit hätten diese Hypotheken an schlechte Schuldner vergeben – mit dem Resultat einer «riesigen Immobilienblase». Für Krugman ist deshalb klar: Die Probleme betreffen ganz Europa.
Verwunderung über Leitzins von –0,75 Prozent
Auch zum Thema Negativzinsen äusserte sich der Wirtschaftsnobelpreisträger von 2008: «Ich wundere mich schon über die Schweizerische Nationalbank mit ihren minus 0,75 Prozent.» Bei so tiefen Zinsen müsse es ja günstiger sein, Bargeld ins Schliessfach zu stecken. Den Grund für das international niedrige Zinsumfeld ortet er aber nicht in der Politik der Zentralbanken. Es sei ja nicht so, dass die Notenbanker irgendjemanden bestrafen wollten. «Die Realwirtschaft ruft vielmehr nach niedrigeren Zinsen – auch wenn sie nur noch bei null liegen», erklärt Krugman.
Bei den Symptomen, die die Wirtschaft aktuell zeigt – niedrige und fallende Inflationsraten, deflationäre Tendenzen und eine sehr schwachen Realwirtschaft –, müsse die EZB etwas tun. Denn: Hätten wir bei den gleichen Symptomen Leitzinsen von vier Prozent, dann «würden wir doch sofort Leitzinssenkungen fordern».
Der tieferliegende Grund für die tiefen oder gar negativen Zinsen liege in einem Mangel an Investmentchancen. «Die internationalen Investoren sehen so wenige gute Chancen bei riskanten Anlagen, dass sie diese nur kaufen, wenn es für sichere keine Verzinsung mehr gibt.»
Wenn in Deutschland die Rendite für fünfjährige Staatsanleihen bei minus 0,05 Prozent liegt, heisse das nichts anderes, als dass die Stimmung so schlecht ist, dass Anleger bereit sind, den deutschen Staat dafür zu bezahlen, dass er ihr Geld schützt. Und das bedeute auch «extrem schwache» Konjunkturerwartungen für die nächsten fünf Jahre.
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