Der Euro-Macher übernimmt das Ruder
Der künftige griechische Regierungschef, Lucas Papademos, könnte der richtige Mann sein, um sein Land wieder auf Kurs zu bringen. Als ehemaliger Zentralbankchef hat er bereits viel Krisenerfahrung.
Der frühere Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) macht sich keinerlei Illusionen über die Herkules-Aufgabe, vor der er steht. «Griechenland steht am Scheideweg», sagte er am Donnerstag kurz nach seiner Nominierung. Zugleich legte er ein Bekenntnis zum Euro ab: Die europäische Gemeinschaftswährung sei die Garantie für Griechenlands «Geldwertstabilität».
Der 64-jährige Papademos geniesst internationales Ansehen als Wirtschaftswissenschaftler und Finanzexperte. Für viele Analysten galt der bisher eher im Hintergrund agierende Papademos als die treibende Kraft hinter der EZB-Politik. Aus ihr schied er nach acht Jahren 2010 turnusmässig aus, um in Athen Berater von Ministerpräsident Giorgos Papandreou zu werden.
In Papademos' ruhigem, «technokratischem» Stil sehen viele eine gute Voraussetzung, um dem monatelangen Parteiengezänk in Athen ein Ende zu setzen und Griechenland bis zu vorgezogenen Neuwahlen zu führen. Die Herkules-Aufgabe besteht nun darin, die strikten und in der Bevölkerung unbeliebten Bedingungen, die EU und IWF im Gegenzug für ihre milliardenschwere Unterstützung erheben, zu erfüllen und verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Dabei soll er sich auf eine Regierung der nationalen Einheit stützen, so dass die wichtigsten Parteien gemeinsam für die unpopuläre Rosskur Verantwortung übernehmen müssen.
Lehnte Angebot von Papandreou ab
Papademos gilt als überzeugter Europäer; in seiner Zeit als Zentralbankpräsident (1994–2002) war er massgeblich am Abschied von der griechischen Drachme und dem heute äusserst umstrittenen Eintritt in die Eurozone beteiligt. Papandreou wollte Papademos vor wenigen Monaten eigentlich zu seinem Finanzminister machen. Erst nachdem Papademos im Juni ablehnte, bekam Evangelos Venizelos das Amt.
Während seiner Amtszeit als Zentralbankchef gelang es, die hohe Inflation in Griechenland in den Griff zu bekommen. Als Chef der Zentralbank war er im Rat des Europäischen Währungsinstituts (EWI) und mit seiner Gründung 1998 auch im Gouverneursrat der EZB vertreten. Wie Papandreou absolvierte Papademos einen Teil seiner Ausbildung in den USA. Bevor er am Massachusetts Institute of Technology in Boston in Wirtschaftswissenschaften promovierte, erwarb er dort einen Master-Abschluss in Elektrotechnik.
Ein Krisen-Experte
Nach seinem Ausscheiden aus der EZB lehrte er wieder an der Athener Universität und nahm eine Gastprofessur an der Harvard-Universität an. Der Titel seines dortigen Kurses «Die globale Finanzkrise: Politische Antworten und Herausforderungen» passt perfekt auf sein neues Amt.
AFP/jak
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