Der Film zeigt nun etwas ganz anderes
Natascha Kampusch feierte ihren 25. Geburtstag in der Talksendung von Günther Jauch. Dort sprach die Österreicherin erstmals über den Missbrauch im Verlies und den Kinofilm «3096 Tage».

3096 Tage lang war Natascha Kampusch in einem Kellerverlies in einem Wiener Vorort gefangen. Im August 2006 gelang ihr die Flucht. Der mediale Rummel um die Österreicherin, die mittlerweile zu einer jungen Frau herangewachsen ist, ist immer noch gross. Gestern Abend sprach sie zur Primetime erneut über ihr Schicksal – in der ARD-Talksendung von Günther Jauch. Der Zeitpunkt überrascht nicht. In zehn Tagen kommt das Martyrium um Kampusch mit dem Titel «3096 Tage» in die Kinos.
Der Film bringt Kampusch dazu, am TV vor Hunderttausenden Zuschauern darüber zu sprechen, was sie sich eigentlich als letzte Privatheit – wie sie es immer nannte – für sich behalten wollte. Den Sex, zu dem der Entführer Wolfgang Priklopil sie zwang. In ihrem Buch hat die Österreicherin das Thema ausgespart. «In den Nächten ging es nicht um Sex», schreibt sie dort. «Der Mann, der mich schlug, in den Keller sperrte und hungern liess, wollte kuscheln.»
«Genau!»
Doch der Film zeigt nun etwas ganz anderes. Die Szenen lassen einen schaudern: Der Entführer bindet sie mit Kabelbindern an den Handgelenken an sich und missbraucht sie, ihr Blick starr an die Decke gerichtet. Auf Jauchs Frage, weshalb die Szenen nun im Film zu sehen seien, erklärt sie, dass ihre Aussagen dazu in den damals angefertigten Vernehmungsprotokollen enthalten seien und dass diese Passagen gegen ihren Willen an die Öffentlichkeit gelangten.
Jauch hakt nach: Ob der Umstand, dass die Szenen nun gezeigt werden, ein Signal an die Öffentlichkeit sei, dass sie nun nicht weiter mit Fragen danach behelligt werden wolle. «Genau», antwortete Kampusch kurz und bündig. «Ich habe mich über diese Szenen gewundert», erklärte sie gegenüber dem «Spiegel». Aber es sei in Ordnung, weil sie weder positiv noch demütigend wirken würden.
Ein Symbol der Stärke
Mit dem Auftritt bei Jauch feierte Kampusch gestern ihren 25. Geburtstag – den 17. in Freiheit. Wie ihre Geburtstage im Verlies gewesen seien, fragt der Moderator direkt. «Eigentlich eher positiv», erklärte Kampusch, ganz in violett gekleidet. Geburtstage seien für sie ein Symbol dafür gewesen, stärker und mächtiger zu werden, sich ihrem Entführer eher widersetzen zu können.
Kampusch spricht auch über die Zeit in Freiheit – und den Druck, den die Gesellschaft auf sie ausübt. Seit sie sich im Jahr 2006 selbst befreien konnte, gibt es böse Stimmen, die behaupten, Kampuschs Geschichte stimme nicht. Angesprochen darauf sagt sie: «Vielleicht können die Leute mit dem, was mir passiert ist, nicht umgehen.» Begegnungen mit Menschen seien für sie schwierig, entweder würden die Menschen ihr ausweichen oder ihre eigenen Schicksale bei ihr abladen.
«Als hätte ich dem Täter etwas angetan»
«Ich glaube, die Leute sind erstaunt darüber, dass ich mich als Opfer so verhalte. Ein Opfer muss sich wegducken, das Trauma womöglich als Monstranz vor sich hertragen», sagte sie gegenüber dem «Spiegel». Für sie sei das schwer zu ertragen, weil sie fast dazu gedrängt werde, ins Ausland zu gehen oder sich umzubringen.
Zudem sagte sie: «Es wäre besser gewesen, wenn Priklopil überlebt hätte. Dann wäre klar gewesen, dass ich das Opfer bin. Jetzt wird es so gesehen, als hätte ich dem Täter etwas angetan. Damit muss ich leben.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch