Der französische Dirigent Prêtre ist tot
Für ihn war grosse Orchestermusik und Symphonik immer auch Glanz und Eleganz. Nun ist der Maestro Georges Prêtre im Alter von 92 Jahren gestorben.

Auch mit 86 Jahren gab er noch den Dandy, versuchte, die Musiker im Saal des Wiener Musikvereins nicht nur zu führen, sondern mehr noch, zu verführen, um ihnen die entlegensten Klangfarben zu entlocken. Für den Dirigenten Georges Prêtre war Musik, insbesondere die grosse Orchestermusik und Symphonik, immer auch Glanz und Eleganz. Hier kamen Österreich und Frankreich zusammen. Vielleicht lagen in diesen Fähigkeiten, ausser in seiner musikalisch-technischen Kompetenz, auch jene Talente, die Herbert von Karajan auf den jungen Kollegen aufmerksam werden liessen. Karajan gehörte zu den frühesten und nachhaltigsten Förderern Prêtres.
An der Opéra Comique in Paris dirigierte Prêtre 1962 die Strauss-Oper «Capriccio» mit Elisabeth Schwarzkopf als Gräfin. Karajan war im Zuschauerraum und lud ihn ein, die Oper bei den Wiener Festwochen zu dirigieren. Prêtre hatte Bedenken, wollte nicht in das Gehege der grossen Kollegen geraten: «Ich sagte ihm, dass das doch ein Stück von Dr. Böhm sei. Karajan entgegnete, dass das Publikum auf meine Interpretation neugierig sei.» Denn, so Karajan, er habe das Stück in Paris doch gar nicht so schlecht dirigiert.
Elan und Beharrlichkeit
Vielleicht war es nicht nur die Angst vor den Wiener Intrigen, die Prêtre vorsichtig sein liess. Denn hinter seiner weltmännischen Fassade gab es auch den bescheidenen Musiker aus der Kleinstadt.
Geboren wurde er 1924 im Norden Frankreichs, in der Gemeinde Waziers bei Douai, wo er später Klavier und Trompete studierte. Am Pariser Konservatorium lernte er Dirigieren bei André Cluytens, und schon bald, im jungen Alter von 22 Jahren, debütierte Prêtre als Operndirigent in Marseille. Das war 1946, und die meisten Menschen hatten andere Sorgen als die Helden auf der Bühne.
Mit Elan und Beharrlichkeit schaffte es Prêtre innerhalb von zehn Jahren zurück in die Hauptstadt Paris. Er wurde Generalmusikdirektor der Pariser Oper, und wiederum zehn Jahre später schaffte er sogar den Sprung über den Atlantik. Wenn auch nicht für lange, dafür aber für einen glamourösen Auftritt: Er dirigierte 1966 die Wiedereröffnung der Metropolitan Opera in New York.
Gastdirigent an den grossen Häusern Spätestens seit diesem Tag war Prêtre ein international renommierter Stardirigent, gastierte an grösseren und auch grossen Häusern. 1986 bis 1991 war er Erster Gastdirigent der Wiener Symphoniker, des zweiten Orchesters der Stadt. Später dirigierte er auch, in einem Waldbühnen-Konzert, die Berliner Philharmoniker und schliesslich die grossen Wiener Philharmoniker. Zweimal leitete er das legendäre Neujahrskonzert, zuletzt 2010, schwärmte von Strauss-Walzern und dem ganzen Fin-de-Siecle-Flair. Am 4. Januar verstarb George Prêtre in seiner französischen Heimat. Er wurde 92 Jahre alt.
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