Der Iran muss den Sold der Milizionäre kürzen
Die US-Sanktionen treffen den Iran hart, davon ist die Regierung in Washington überzeugt. Unklar ist, ob Teheran deswegen die Unterstützung schiitischer Milizen wie der Hizbollah kürzt.

Kaum hatte der iranische Präsident Hassan Rohani den Europäern ein Ultimatum von 60 Tagen gesetzt, sein Land vor den amerikanischen Sanktionen gegen den Öl- und Bankensektor zu schützen, gab die US-Regierung neue Strafmassnahmen bekannt. Während die EU das Ultimatum zurückwies, richten sich die neuen US-Sanktionen gegen die Metallindustrie im Iran. Unternehmen aus Drittstaaten müssen nach der Verordnung von Präsident Trump vom Donnerstag mit Bussen rechnen, wenn sie Eisen, Stahl, Aluminium oder Kupfer in der Islamischen Republik kaufen. Das ist ein weiterer Schritt Richtung Handelsembargo.
Nach Ansicht der USA zeitigt Trumps Kampagne des «maximalen Drucks» bereits Erfolge. «Wir sind auf dem besten Weg, die iranische Aussenpolitik unerschwinglich zu machen», sagte der US-Sondergesandte für den Iran, Brian Hook. Der Iran kürze die Unterstützung für schiitische Milizen etwa in Syrien. Teheran habe sein Militärbudget für 2017 und 2018 um 10 Prozent gekürzt, das Budget für 2019 und 2020 sehe einen Einschnitt von 28 Prozent vor, die Revolutionsgarden hätten seit dem Ende März begonnenen iranischen Jahr 17 Prozent weniger Geld zur Verfügung. Der Iran habe durch die Ölsanktionen schon 10 Milliarden Dollar verloren, bilanzierte Hook im März. Da exportierte der Iran noch 1 Million Barrel Öl pro Tag – etwas mehr als ein Drittel der 2,8 Millionen Barrel, die Teheran selbst als Spitzenwert gemeldet hatte.
Nasrallah bittet um Spenden
Es gibt einzelne Belege dafür, dass der Iran tatsächlich auch bei der Unterstützung seiner Verbündeten und der Finanzierung schiitischer Milizen Einschnitte macht: Im März rief der Chef der Hizbollah im Libanon, Hassan Nasrallah, in einer Fernsehansprache die Anhänger der 1982 von den iranischen Revolutionsgarden in der Bekaa-Ebene aufgebauten Miliz zu Spenden auf. Nach US-Angaben finanzierte der Iran die Hizbollah, die im Libanon als Partei im Parlament und der Regierung vertreten und als Miliz die militärisch dominierende Kraft ist, mit 700 Millionen Dollar – etwa 70 bis 80 Prozent der Gesamteinnahmen.
Allerdings stellt die Hizbollah Tausende Kämpfer im syrischen Bürgerkrieg, die dort zu den schlagkräftigsten Einheiten aufseiten des Regimes von Bashar al-Assad zählen. Auch sind mehrere Tausend Revolutionsgardisten im Land, die als Militärberater für die syrische Armee fungieren und die Kommandanten für schiitische Milizen stellen, die der Iran unter Afghanen und in Pakistan rekrutiert. Aus den Reihen dieser Brigaden gibt es Klagen, der Iran habe den Sold gekürzt. Aufgelöst haben sie sich deswegen aber nicht – und gebraucht werden sie auch nicht mehr im gleichen Umfang wie noch vor zwei Jahren. Nun bauen die Revolutionsgarden Stützpunkte in Syrien auf, um ihre Militärpräsenz dort zu konsolidieren. Das Budget der Eliteeinheit des Militärs mit ihren etwa 125000 Soldaten wird auf knapp 5 Milliarden Dollar geschätzt.
Eine zentrale Rolle spielen die Garden auch im Irak. Dort gibt es mehrere kampfstarke Verbände, die zwar offiziell der irakischen Regierung unterstehen und auch von ihr bezahlt werden, aber auf Befehle aus Teheran hören. Hinweise auf die Lieferung schwerer Waffen vom Iran an solche Gruppen sind offenbar der Hintergrund für die von den USA angeführte Bedrohung ihrer derzeit 5200 im Irak stationierten Soldaten und der Auslöser für die Verlegung des Flugzeugträgers USS Abraham Lincoln und einer Bomberstaffel in die Region.
Waffenexporte in den Jemen
Dazu gehört Harakat Hizbollah al-Nujaba, die von den Amerikanern wie auch die Hizbollah und nun auch die Revolutionsgarden selbst als Terrororganisation eingestuft werden, oder Asaib Ahl al-Haq. Diese Gruppe unter Führung von Qais al-Khazali hatte nach der Invasion der Amerikaner im Irak reihenweise Attacken auf US-Truppen verübt – oft mit Sprengfallen, die auch die Panzerung von Fahrzeugen durchbrachen. Auch die Badr-Organisation, deren Anführer Hadi al-Ameri zwei Jahrzehnte im iranischen Exil gelebt hat, pflegt engste Verbindungen nach Teheran: Die Revolutionsgarden haben seine Milizionäre ausgebildet. Allerdings haben diese Gruppen zumindest mit indirekter Unterstützung der Amerikaner gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft. Sie sind zudem tief im Irak verankert. Ameris Liste holte bei der Parlamentswahl im Mai vergangenen Jahres 48 Sitze und wurde damit zweitstärkste Kraft.
Weniger eng sind die Verbindungen zu den Huthi im Jemen, gegen die eine von Saudiarabien geführte Militärkoalition im Namen der international anerkannten Regierung von Präsident Abd Rabbo Masur Hadi Krieg führt. Auch von der UNO inzwischen gut dokumentiert ist der Transfer iranischer Waffen an die Huthi. Unabhängige Experten widersprechen jedoch der saudischen Darstellung, dass die Huthi eine vom Iran gesteuerte Kraft seien. Allerdings erhalten sie politische und wahrscheinlich auch finanzielle Unterstützung aus dem Iran. Die Hizbollah berät die Huthi nach Ansicht westlicher Geheimdienste sowohl in militärtaktischen Fragen als auch bei ihrer Propaganda.
Trump überlässt mit dem Abzugdes US-Militärs aus Syrien dem Iran viel Raum – sehr zum Entsetzen Israels.
Ein konservativer iranischer Abgeordneter, der dem obersten Führer Ali Khamenei nahesteht, brachte den Einfluss des Iran in der Region auf die prägnante Formel, die Islamische Revolution beherrsche in Bagdad, Beirut und Damaskus schon drei arabische Hauptstädte, und Sanaa sei die vierte, die sich anschliesse.
Diesen Einfluss wiederum sehen viele arabische Staaten als Bedrohung an – nicht zuletzt die US-Verbündeten Saudiarabien, Vereinigte Arabische Emirate und auch Israel – zumal der Iran im Gazastreifen die Hamas und den Islamischen Jihad unterstützt, zwei militante Palästinenser-Organisationen. Israel betrachtet zudem die Hizbollah und eine iranische Militärpräsenz in Syrien als Bedrohung.
Dessen ungeachtet, hat Trump den Abzug des US-Militärs aus Syrien angeordnet. Damit lässt die US-Regierung dem Iran dort militärisch Raum – sehr zum Entsetzen Israels. Europäische Diplomaten bezweifeln aber, dass allein sinkende Einnahmen dazu führen werden, dass der Iran seine Aktivitäten etwa in Syrien und im Jemen zurückfährt.
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