Der IT-Freak aus der Zukunft
Bei Larry Page, der ab Montag abermals die Führung von Google übernimmt, liegen Genie und Wahnsinn nahe beisammen. Die Frage ist nur: Nützt oder schadet dies dem Milliarden-Konzern?
Es ging – symbolisch gesprochen – ein Raunen durchs Internet, als bekannt wurde, dass Larry Page die Chefposition bei Google wieder übernehmen werde. Sein Vorgänger, Eric Schmidt, der 2001 für das Management eingestellt wurde, wird sich in den Verwaltungsrat zurückziehen. Damit verliert Google seine wichtigste Vernunftsperson, glauben Skeptiker. Page-Anhänger wiederum hoffen, dass dieser nun sein ganzes Potenzial ausschöpfen kann.
Der 38-Jährige ist der geborene Computer-Nerd, Sohn eines Informatikprofessors und einer Programmiererin. Sein älterer Bruder gründete eine IT-Firma, die er später für 400 Millionen Dollar an Yahoo verkaufte. Page selbst soll als Kind einen funktionstüchtigen Tintenstrahldrucker aus Legosteinen gebaut haben. Soweit die Legende. Die tatsächliche Google-Erfolgsgeschichte spricht für sich selbst.
Kein Entertainer
Fest steht: Page ist ein Visionär – mit mitunter verrückten Ideen –, schüchtern und öffentlichkeitsscheu. Im Gegensatz zu Steve Jobs oder Bill Gates fehlt Page sowohl Talent als auch die Lust zum Entertainment.
Bekannt ist er für seine Vorschläge, die, so wird kolportiert, nahe am Fantastischen sind und von denen er meist kaum abzubringen ist. Etwa 2003, als er es strikte ablehnte, einen Kundendienst einzurichten. Die User, so war Page der Ansicht, sollten sich selber helfen. Aus seinem Impuls entstand Google Forums, wo sich die Benutzer gegenseitig Tipps geben und Wissen weitergeben.
«Mit Ziegen bezahlen»
Doch nicht alle von Pages Ideen bringen Google vorwärts. Das Magazin «Wired» schreibt von «Mondflügen»: Als Beispiele werden Book Search – Page sei davon besessen, alle Bücher zu digitalisieren – und das automatisch gesteuerte Auto genannt, mit dem Page die Zahl der Unfalltoten minimieren will. Auch soll eine Episode stattgefunden haben, bei der Page vorschlug, dass die Internetnutzer nicht nur mit Kreditkarten bezahlen können: In Usbekistan könnte man ja auch in Ziegen bezahlen, soll Page sinngemäss gesagt haben.
Mit Page an der Spitze, so «Wired», wird Google noch mehr solcher «Mondflüge» erleben. Im gleichen Zug schreibt das Magazin aber auch: «Niemand verkörpert Googles Ambitionen, Ethik und Weltsicht besser als Page.» Unter seiner Leitung werde der Konzern noch schwerer voraussehbar sein als bisher.
Die «vielleicht kauzigste Person, die ein 30-Milliarden-Unternehmen führt», werde versuchen, die Geschwindigkeit und den Hunger einer kleinen Firma zu erhalten. «Den grössten Fehler sieht er darin, das Wagemutigste nicht zu versuchen.»
Fehler gemacht?
Nicht ganz so positiv formuliert es die «Süddeutsche Zeitung» in einem Artikel. Page stehe sich selbst im Weg und sei bei Google die «grösste Baustelle», so die Zeitung. Sie legt ausserdem nahe, dass Eric Schmidt seinen Job niederlegte, weil seiner Meinung nach falsche Entscheidungen gefällt wurden. Zum Beispiel der Beschluss, sich aus China zurückzuziehen.
«Spiegel online» kommt zum gegenteiligen Schluss: Page wolle an die guten alten Zeiten anknüpfen, den zynisch wirkenden Bürokraten Schmidt ablösen.
Nicht wenige Google-Mitarbeiter dürften davon überzeugt sein, dass das klappt. Unter den Mitarbeitern soll der Spruch verbreitet sein: «Larry Page reiste in die Zukunft, um uns darüber zu berichten.»
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