Der Kampf des Missionars
Die Kunst des Rückzugs von wichtigen Positionen besteht darin, mit den richtigen Worten den richtigen Moment zu finden. Diese Chance hat Blocher verpasst. Ein Kommentar von Tages-Anzeiger-Chefredaktor Peter Hartmeier.
Seine Verkündungen auf Teleblocher wurden von Tausenden von Zuschauern gesehen und eifrig diskutiert. Mit diesen Auftritten brachte sich Blocher in Stellung, um erneut Anspruch auf das Amt eines Bundesrats zu erheben - geschickt begleitet und unterstützt von seinen Getreuen Christoph Mörgeli, Toni Bortoluzzi und Hans Fehr, die gegen die parteiinternen Blocher-Kritiker Peter Spuhler und Hannes Germann eine Front errichteten. Die kantonale SVP entschied gestern Abend entsprechend. Fast wie ein Mantra ertönte immer wieder der Satz: «Du bist der Beste von uns, Christoph!
Der erfolgreiche Unternehmer und phasenweise einflussreichste Politiker unseres Landes lässt sich nicht nur aus taktischen Gründen portieren - ihm geht es um mehr: In seiner Wahrnehmung erfüllt er eine Mission, einen «Auftrag» in quasi höherem Interesse. Seine Anhänger sehen ihn als Heilsbringer, der nicht nur das angeschlagene Verteidigungsdepartement zu reformieren verspricht, sondern auch eine unabhängige und neutrale Schweiz im Sinn der SVP garantiert.
Mit der Einzel-Nomination ihrer Identifikationsfigur stellt die Zürcher Sektion die nationale Partei vor eine Zerreissprobe; denn der Kandidat Blocher findet im Parlament keine Mehrheit. So bliebe der SVP weiterhin nur die Oppositionsrolle, die den meisten in der Partei nicht behagt: Zu viele SVP-Politiker in Gemeinden, Kantonen und auf Bundesebene partizipieren praktisch und mental an der Regierungsarbeit. Blocher zwingt seine Parteifreunde nun, den ungeliebten Kurs fortzusetzen - oder ihn als Parteivater zu verstossen. Der Ausweg bestünde darin, dass Blocher kurz vor den Wahlen einen zweiten Kandidaten neben sich akzeptiert oder sich zugunsten eines ideologisch ähnlich positionierten «Hardliners» zurückzieht.
Die Kunst des Rückzugs oder des Rücktritts von wichtigen Positionen besteht darin, mit den richtigen Worten den richtigen Moment zu finden. Diese Chance hat Christoph Blocher gestern verpasst.
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