Der Letzigrund gehört bald wieder den Leichtathleten
Wenn der FCZ und GC nicht mehr im Letzigrund kicken, kann der Stadtrat früher gemachte Versprechen einlösen.

Der absehbare Wegzug der Zürcher Fussballprofis ist für den städtischen Letzigrund einschneidend. GC und der FCZ absolvierten seit 2007 pro Jahr immerhin 36 Meisterschaftsspiele plus Cup-Partien sowie europäische Einsätze im grossen Oval.
Diese Termine waren ein Problem, zum Beispiel für die Leichtathleten. So konnte der Leichtathletik-Club Zürich (LCZ) an Matchtagen nur morgens trainieren, manchmal gar nicht. «Jetzt kann die Stadt das Versprechen einlösen, das sie den Leichtathleten vor dem Bau gemacht hat», sagt Davy Graf, SP-Fraktionspräsident im Stadtparlament. Der Letzigrund war von Anfang an als Leichtathletik- und Eventstadion konzipiert und wurde nur notfallmässig für den Fussball fit gemacht. Graf fordert für die Quartierbevölkerung auch einen Freiraum «ohne kommerziellen Druck».
Kein Exil mehr im Sihlhölzli
Tatsächlich entwickelt Sportminister Filippo Leutenegger (FDP) derzeit ein neues Konzept für den Letzigrund, wie dieser auf Anfrage sagt. Neue Nutzungsmöglichkeiten würden analysiert. Unklar ist noch, wann dieses neue Konzept vorliegt. Klar ist aber, dass der LCZ und sein Nachwuchs viel mehr Spielraum erhalten werden. Seit der im Letzigrund ausgerichteten Leichtathletik-Europameisterschaft im Jahr 2014 ist ein Boom in dieser Sportart festzustellen. Genutzt werden aber nicht nur die Tartanbahnen der Läufer, sondern auch Trainingsanlagen sowie eine weitere Bahn im Stadionbauch. Heute müssen die LCZler für ihre Training oft aufs Sihlhölzli ausweichen, wenn die Fussballer Bedarf anmelden.
Fix bleiben das Leichtathletikmeeting «Weltklasse Zürich» im August sowie vier Grosskonzerte im Jahr und fünf alle drei Jahre – falls denn Veranstalter Interesse zeigen. Der Fokus des neuen Konzepts richtet sich wohl eher auf kleine und mittlere Veranstaltungen, die man vermehrt in den Letzigrund ziehen will. Ein Beispiel ist der Pink Ribbon Charity Walk, der Brustkrebs-Solidaritätslauf, der dieses Jahr Anfang September stattfand.
Gemäss Leutenegger soll der Fussball nicht komplett aus dem Letzigrund verschwinden. So sei denkbar, dass Quartierclubs oder Fussballerinnen Anlässe organisieren. Auch andere Rasensportarten wie Rugby oder American Football könnten den Letzigrund als Spielstätte nutzen.
Zwar werden nach dem Umzug von FCZ und GC ins neue Fussballstadion die fussballspezifischen Einbauten entfernt, etwa die Sektorentrennungen aus Glas, die Stahlzäune gegen das Spielfeld in den Sektoren B und D, die Stehplätze im Sektor D (Südkurve) sowie die Netze zwischen Spielfeld und Fankurven. Dasselbe gilt natürlich für die Fussballtore. All diese Elemente werden aber nicht verkauft, sondern eingelagert. So könnten sie verwendet werden, falls Fussball-Länderspiele oder Cupfinals in den Letzigrund ausweichen würden.
Abbruch ist kein Thema
Vor der jüngsten Stadionabstimmung geisterten auch Ideen wie der Abbruch des Letzigrunds herum, da auf diesem wertvollen Boden viele günstige Wohnungen gebaut werden könnten. Solchen Gedankenspielen erteilt SP-Politiker Graf eine Absage. Auch Grünen-Präsident Felix Moser will die vor elf Jahren in Betrieb genommene Arena nicht einstampfen. Er legt wie viele bürgerliche Politiker aber ein Augenmerk auf die Rentabilität, welche «mit dem Meeting und vier Konzerten nicht erreicht wird».
Der Letzigrund schreibt heute ein jährliches Defizit von 9 bis 10 Millionen Franken. Mit dem Auszug der Fussballprofis fällt eine siebenstellige Summe weg. FCZ und GC zahlten je 500'000 Franken Fixmiete plus leistungsabhängige Mietzusätze. Allein fürs Erreichen des 4. Platzes in der letzten Saison musste der FCZ der Letzigrund-Eigentümerin Stadt Zürich einen Aufpreis von 150000 Franken zahlen, für die Teilnahme am Cupfinal 500'00 Franken. Und das laufende Europa-League-Abenteuer kostet den FCZ mindestens 400'000 Franken, da pro Heimspiel 100000 Franken fällig werden. Champions-League-Gruppenspiele à 500'000 Franken pro Partie gab es noch nie, da der laufende Mietvertrag erst seit 2015 gilt. Die legendären FCZ-Spiele gegen die AC Milan, Real Madrid und Olympique Marseille fanden aber schon 2009 statt.
Die Stadt ist überzeugt, dass sich das Defizit durch den Auszug der Fussballcracks nicht vergrössern wird, da auch Betriebskosten wegfallen. «Wir gehen davon aus, dass wir ein ähnliches jährliches Betriebsdefizit erreichen wie zuvor», heisst es beim städtischen Sportamt.
Am lukrativsten für die Stadt sind die grossen Open-Air-Konzerte, weshalb die Frage auf der Hand liegt, ob man mehr davon zulassen soll. Dazu wäre eine Änderung des Gestaltungsplans nötig und damit ein Entscheid des Stadtparlaments. In der NZZ hat FDP-Präsident Severin Pflüger kürzlich mit diesem Gedanken gespielt. Er sprach gar von einer Verdoppelung der Anzahl, also acht bis zehn Konzerten im Jahr. Dabei wollte Pflüger das Ruhebedürfnis der Anwohner nicht ausser Acht lassen, gab aber zu bedenken, dass ohne Profifussball auch viel Belastung wegfalle. SP-Gemeinderat Davy Graf sieht aber keinen Bedarf nach mehr Konzerten. Stadtrat Leutenegger sagt, solange der Zweck des Stadions gleich bleibe, brauche es auch keine Änderung des Gestaltungsplans.
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