Der Liebling, den Fink erst nicht wollte
Raphael Holzhauser träumte von der Champions League. Dass er jetzt für GC spielt, hat mit dem Trainer zu tun.

Es steht zu befürchten, dass Peter Alexander selig ob der Bumm-Bumm-Alpengaudi-Version seines Liedes im Grab rotiert. Aber das kann die Stimmung der Herrenrunde nicht trüben. «Wir sind eine grosse Familie», grölen sie hüpfend, «wir gehören zusammen, hier ist keiner allein!»
Zwei Jahre alt sind die Bewegtbilder des Abends in Trondheim. Und wer das Video etwas genauer betrachtet, dem fallen zwei besonders ausgelassene, besonders blonde Männer auf: Thorsten Fink und Raphael Holzhauser sind Eckpfeiler jener Wiener Austria, die ihren Einzug in die Europa League feiert.
Seit diesem Sommer sind die beiden bei den Grasshoppers wieder vereint. Aber Gelegenheit zum Tanz hat sich in Zürich ob der miesen Resultate noch keine ergeben. Und eigentlich, ja eigentlich wollte Trainer Fink den Mittelfeldspieler Holzhauser gar nicht zu GC holen.
Mit 18 schon in der Bundesliga
Dabei hatten die beiden in ihrer gemeinsamen Zeit bei der Austria von 2015 bis 2018 ein äusserst enges Verhältnis. Bevor Fink in Wien ankam, pendelte Holzhauser zwischen Start-Elf und Ersatzbank. Seine so schwungvoll gestartete Karriere, die den Österreicher schon mit 16 von Wien in den Nachwuchs des VfB Stuttgart und mit 18 in die 1. deutsche Bundesliga geführt hatte, drohte zu versanden.
Dann kam Fink. «Ich machte aus ihm meinen wichtigsten Spieler», so sagt das der GC-Trainer heute. Und Holzhauser gibt rundheraus zu: «Thorsten Fink hat mich wieder zurück in die Spur gebracht.» Tatsächlich hat der 25-Jährige über ein Drittel seiner rund 330 Profispiele unter Fink bestritten.
Finks Hamburger Schule
Aber warum wollte der Deutsche seinen ehemaligen Liebling dann nicht zu GC holen? Aus reinem Selbstschutz: «Dann heisst es: Der Fink hat den geholt, das ist sein Spieler.» Er hat in seiner Zeit beim Hamburger SV schmerzhafte Erfahrungen gesammelt, als ihm der Transfer des Stürmers Jacques Zoua, den er aus Basel nachgezogen hatte, immer wieder als Fehlleistung vorgehalten wurde.
Dass Holzhauser nun dennoch bei GC spielt, hängt logischerweise trotzdem mit Fink zusammen. Denn natürlich hat der das Telefon in die Hand genommen, als es darum ging, den Österreicher für die Zürcher zu begeistern. Doch den Anstoss, den gaben zwei andere. GC-Scout Paul Bollendorff und Sportchef Mathias Walther, die Fink fast ein wenig vorwurfsvoll fragten, warum er ihnen seinen ehemaligen Mittelfeldspieler nicht empfehle? Einen Mann, für den Nantes vor einem Jahr noch zwei Millionen Euro geboten hatte – und der im Sommer ablösefrei zu haben war?
Thorsten Fink hat mich wieder zurück in die Spur gebracht
Es ist nicht so, dass Holzhauser sehnsüchtig auf den Anruf der Grasshoppers gewartet hätte. Er war zuvor in Istanbul, um über einen Wechsel in die Türkei zu sprechen, AEK Athen buhlte schon seit September 2017 recht offensiv um seine Dienste.
Das alles weiss man auch, weil Holzhauser ein moderner Fussballer ist. Dazu gehört, dass er die sozialen Medien durchaus offensiv zu nutzen weiss. Mit Fans des AEK flirtete er immer wieder mal auf Instagram. Und als Fink im Februar 2018 von der Austria entlassen wurde, schickte er ihm via Facebook ein Schreiben hinterher, das schon fast als Liebeserklärung durchging. «Ich durfte viel von Ihnen lernen und werde die Zeit immer in Erinnerung behalten», stand da etwa.
Auf dem Feld ist Holzhauser einer, der wie geschaffen scheint für Trainer wie Fink, die mehr auf Ballbesitz als auf Umschaltfussball setzen. Weit über 2300 Pässe spielte er jeweils in Finks ersten beiden Wiener Saisons.
«Die Kurve zeigt nach oben»
Bei GC muss er sich diese Dominanz erst erarbeiten. Seinen Auftritt beim Auftakt gegen die Young Boys fand er noch ganz okay, «danach kamen zwei, drei Spiele, in denen ich mit mir selbst nicht zufrieden war». Seither aber, denkt Holzhauser, «zeigt die Kurve nach oben».
Eine Einschätzung, die sich mit der seines Trainers deckt. «Er hat sich am Anfang selbst nicht gefunden», meint Fink, «aber jetzt kommt er auch körperlich in den Topbereich. Und er war zuletzt an jeder unserer Torchancen beteiligt.»
Bloss hat das auch nicht verhindert, dass GC kaum Punkte gewinnt. Im Februar hatte Holzhauser dem «Kurier» über seine Clubsuche noch gesagt: «Ich will weiterhin international spielen, Champions League wäre ein Traum.» Jetzt sitzt er als Spieler des Tabellenletzten der Super League in Niederhasli. Seine Realität sind nicht die Traumstadien der Königsklasse, sondern 3500 im Letzigrund gegen Thun.
Gegen die Gemütlichkeit
Und doch ist Holzhauser überzeugt davon, sich richtig entschieden zu haben. «Ich hätte es mir in Österreich gemütlich machen können», sagt er, «ich hätte anderswo viel mehr Geld erhalten. Aber für mich zählen immer auch andere Faktoren.»
Da ist die Nähe zu Stuttgart, der Heimatstadt seiner Frau, die derzeit den Schein als Co-Pilotin bei der Lufthansa macht. Oder seine beiden österreichischen Teamkameraden bei GC. Goalie Heinz Lindner kennt er von der Austria, mit ihm war er schon in den Ferien. Und mit Marco Djuricin spielte er gar bereits bei der U-12 zusammen: «Er ist einer meiner besten Freunde.»
Und dann ist da natürlich Fink. «Ich sage den Spielern immer, dass wir froh sein können, so einen Trainer zu haben», erzählt Holzhauser, «er hat einen Plan. Und ich weiss, dass der funktioniert.» Den Beweis dafür sollte GC am Sonntag gegen Lugano antreten. Sonst wird die Lage langsam ungemütlich.
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