Der Meister der Herzen
Der ZSC ist überraschend zum siebten Mal Schweizer Meister geworden. Das Comeback der Lions in dieser Finalserie gegen den SC Bern war aber beeindruckend und meisterlich.
Nachdem die Zürcher mit 1:3 in der Best-of-7-Serie zurückgelegen hatten, wollte keiner mehr nur einen Rappen auf die Lions setzen. Zu viele Faktoren sprachen für den wuchtigeren und entschlosseneren Gegner aus Bern, der einen Sieg vom Titel entfernt war. Aber das Team des energischen, aber auch verständnisvollen und humorvollen Trainers Bob Hartley hat mit grossem Kampfgeist, mit viel Wille, Energie und Laufbereitschaft sowie dem Glück des Tüchtigen die Serie drehen können. Das Comeback des ZSC im Final 2012 wird zweifellos einen speziellen Platz in den Annalen der Schweizer Eishockey-Geschichte erhalten. Die Steigerung der Zürcher nach einer missratenen Qualifikation zum unerwartetsten Titelgewinner seit Einführung des Playoffs (1985/86) war selbst von den kühnsten Optimisten in der Zürcher Fangemeinde nicht erwartet worden.
Der arrivierte Hartley hat etwas im Löwenrevier geschafft, das zuvor keinem Trainer in Oerlikon gelungen war: Er hat auf junge Spieler gesetzt, sie gefordert und gefördert. Der zielorientierte Kanadier hat schonungslos die Leistungskultur in Zürich Nord wieder eingeführt, was dem Personal zugutekommt. Die Spieler haben nach anfänglicher Skepsis gegenüber dem Chef begriffen, dass harte Arbeit zum Erfolg führen kann. Deshalb gehört auch die Zukunft dem ZSC. Wenn er sich zudem auf zwei ausländischen Positionen klug verstärkt – Jeff Tambellini und Steve McCarthy werden bleiben – sollte der Höhenflug in diesem Playoff nicht der letzte gewesen sein.
Es gibt noch zwei weitere Gründe, warum die Lions zuversichtlich sein dürfen. Erstens: Sie haben mit ihren Leistungen, ihrem solidarischen und disziplinierten Auftreten und mit ihrem Einsatz die Herzen der Supporter und der Bevölkerung wieder zurückgewonnen sowie für eine Euphorie in der Stadt gesorgt. Dass im grossen Kader mehr als ein Dutzend Spieler aus dem eigenen Nachwuchs stammen, erhöht die Identifikation der Fans mit dem Team gewaltig. Zweitens: Der ZSC kämpft neben dem Eis zusammen mit den Volleyballern von Voléro um eine neue Heimat. Über das Projekt des neuen Komplexes in Altstetten stimmt der Gemeinderat ab. Es bleibt zu hoffen, dass die Politikerinnen und Politiker die Zukunft der Zürcher Eishockeyaner, die in den letzten Monaten auf dem Eis beste Werbung für ihr Anliegen gemacht haben, nicht torpedieren. Denn eines hat dieses Playoff gezeigt: Die Lions müssen raus aus dem Hallenstadion, das ja in der entscheidenden Meisterschaftsphase oft anderweitig belegt ist. Nur mit viel Glück konnte vermieden werden, dass der ZSC nach Kloten ausweichen musste. In diesem Fall hätte es grosse Umtriebe gegeben, die Lions hätten viel Geld verloren.
Und dieser umkämpfte, spannende und im ganzen Land viel beachtete Playoff-Final hätte imagemässig einen schalen Beigeschmack gehabt – weniger für den Club als vielmehr für die grösste Schweizer Stadt.
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