Der Monte di Comino ist grosses Kino
Wer von den Kinosessel in Locarno genug hat, kann sich mit einer Wanderung im Centovalli sowohl Geist als auch Körper erfrischen. Neben der üppigen Natur bietet die Gegend auch pure Gaumenfreuden.
Hey, Filmfreunde! Wenn ihr am Festival von Locarno einen mentalen Durchhänger habt oder Bewegung braucht, weil euch der Rücken weh tut vom Sitzen - hier eine Wanderung, die Geist und Körper erfrischt. Und wenn mir nun einer entgegnet, er sei überzeugter Nichtwanderer: kein Problem! Monte di Comino, das Ausflugsziel hoch über dem Centovalli-Talgrund, ist per Seilbahn erschlossen. Die Abwechslung zum Piazzarummel ist also sogar ohne Sport zu haben.
Direkt ins Paradies
Diese Easy-Variante funktioniert so: Am Bahnhof von Locarno in den Tunnel der Centovallibahn hinab. Die Fahrt nach Verdasio-Station dauert eine halbe Stunde. Die Seilbahn dort gondelt direkt ins Paradies: eine Geländeterrasse mit Hochmoor und phänomenaler Aussicht, Monte di Comino eben.
Direkt gegenüber ziehen sich die imposanten, unten urwaldartig bewaldeten, gegen oben geröllig-felsigen Hänge des Gridone, eines Gipfels auf der Grenze Schweiz-Italien. Im Grotto «Alla Capanna» gibt es Alpspeisen und Tessiner Spezialitäten. Und die Grotto-Umgebung ist mit Liebe zum Biotop inklusive Weiher gestaltet.
Vor dem Dschungel
Wer diesen feinen Ort erwandern möchte, steigt schon in Intragna aus dem Zug, dem Dorf am Eingang zum Centovalli mit notabene dem höchsten Campanile des Tessins, einem 65-Meter-Ding. Beim Bahnhof setzt eine Treppe an hinauf zum verschachtelten Ortskern, auf ihr spurt man korrekt ein für die Wanderung. Man quert das Dorf, kommt an der Kirche mit dem Campanile vorbei, dann am Regionalmuseum, und gleich schon ist man am Dorfrand und hat vor sich einen grünen Dschungel.
800 Höhenmeter sind zu bewältigen. Die erste Stunde vollzieht sich grossteils auf einer Granittreppe, an der Bildstöcke mit verblassten Madonnen zur Andacht laden. Das Wild weiss um den Jagdbann, Rehe bleiben mitten auf der Treppe stehen und sinnieren. Die Weiler von Pila und Cremaso werden durchquert, Abzweiger nach Costa und Loco ignoriert man, und endlich ist da das Zwischenziel Calascio, eine Weidefläche mit Rustici und Kapelle, eine Art Passhöhe.
Teilweise in den Granit gehauen
Hernach geht es Richtung Dröi, nunmehr auf einem groben Waldweg. Den Weiler Dröi streift man nur in Gestalt des Autoparkplatzes; das ist ein wenig enttäuschend - jetzt ist man so weit gegangen, und dann liegt man wieder gleichauf mit den Motorisierten. Hernach aber setzt eine Verwilderung des Geländes ein, dass nur Fussgänger weiterkommen können. Der Pfad zieht sich durch eine Bergflanke, ist teilweise in den Granit gehauen. Wirklich ausgesetzt ist er aber nicht.
Monte di Comino kommt nach der Mühsal als Erlösung. Im Grotto kehrt man ein, geniesst das Panorama und die Üppigkeit der Natur; hier schiesst alles soviel intensiver auf als im Norden. Nach der Einkehr leitet ein Geradeauspfad hinüber zur nahen Kapelle, Madonna della Segna.
Tolle Ergänzung
Der anschliessende Abstieg, wieder vorwiegend auf Granittreppen, ist purer Genuss, tief unten liegt der verwinkelte Stausee von Palagnedra. Die einzige Gefahr der Passage ist die, ob einer Schlange im Laub zu erschrecken und zu stolpern. Unten in Verdasio-Dorf ist das Restaurant «Al pentolino» zu empfehlen; es hat Gourmetniveau und Citypreise, behandelt aber auch den verschwitzten Wanderer lieb.
Hinab zur Bahnstation von Verdasio dauert es noch einmal 25 Minuten, man läuft aus und denkt, dass diese grünende, spriessende, im Sommer schwelgende Landschaft Centovalli grosses Kino ist. Und insofern, liebe Filmfreunde, ist Monte di Comino eine tolle Ergänzung zum Geschehen von Locarno.
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