Der Motor des Aufschwungs droht auszufallen
Facebook, Amazon, Tesla oder Intel – allesamt erleiden Kurseinbussen. Was bereitet den Tech-Giganten solche Mühe?

Über Jahre hinweg schien es, als seien die Faang-Aktien der Schwerkraft entzogen: Mit ihren Kursen gings steil bergauf, nichts und niemand konnte Facebook, Apple, Amazon, Netflix und Google bremsen. Seit 2014 haben zehn an der New Yorker Börse kotierte Technologie-Aktien – die im sogenannten NYSE Fang+ Index enthalten sind – in etwa doppelt so stark an Wert zugelegt wie der US-Börsenindex S&P 500. Und dieser verzeichnete bis Anfang März eine Kurssteigerung um höchst respektable 50 Prozent ...
Doch ausgerechnet über diesen Überflieger-Aktien entlädt sich ein heftiges Gewitter. Der Wetterumsturz setzte bereits mit dem aufgeflogenen Datenskandal und dem verkorksten Krisenmanagement bei Facebook ein. Seither wird weit über Analysten und Fondsmanager hinaus noch intensiver und lauter darüber diskutiert, inwieweit das Geschäftsmodell des Social-Media-Giganten – Sammlung, Aufbereitung und Verkauf von Nutzerdaten – noch zukunftstauglich ist. Vielerorts gehen die Erwartungen dahin, dass Plattformbetreiber wie Facebook oder Google in der einen oder anderen Form schärferen Regulierungen unterworfen werden.
Produktionsprobleme, Trump-Tiraden und Chip-Gerüchte
Abgesehen vom Datenskandal – der das Potenzial hat, das Image der Tech-Branche insgesamt zu ramponieren – kämpfen weitere bisherige Vorzeigefirmen mit ganz anderen Problemen und Rückschlägen. Bei Tesla sind es die jüngsten schweren Unfälle mit selbstfahrenden Autos, die der Euphorie um die autonome Mobilität einen Dämpfer verpasst haben. Hinzu kommen die anhaltenden Probleme bei der Serienproduktion des Modells 3, mit dem der Elektroautohersteller den Durchbruch in den Massenmarkt schaffen will. Laut Medienberichten hat nun Tesla-Chef Elon Musk höchstpersönlich die direkte Kontrolle über die Autofertigung übernommen. Die vom Unternehmen vor dem heutigen Börsenstart verbreitete Nachricht, man habe in den letzten sieben März-Tagen 2020 Wagen des Modells 3 produziert, sorgte indes für eine gewisse Beruhigung.
Amazon wiederum sieht sich mit verbalen Angriffen von US-Präsident Donald Trump konfrontiert. In seinen wie üblich über Twitter verbreiteten Nachrichten hat Trump dem E-Commerce-Riesen vorgeworfen, dieser profitiere von Steuerschlupflöchern zum Nachteil der konventionellen US-Detailhandelskonzerne. Ausserdem, so der Präsident, verliere die US-Post viel Geld mit Amazon wegen zu geringer Versandgebühren. Beide Themen werde er angehen, gelobte Trump. Die meisten Beobachter sind sich darin einig, dass dessen Speerspitzen weniger gegen Amazon als vielmehr gegen dessen Chef Jeff Bezos gerichtet sind. Bezos lässt niemanden im Zweifel, wie wenig er vom Hausherrn im Weissen Haus hält, und ihm gehört auch die «Washington Post», die zu den schärfsten Kritikerinnen der Administration Trump zählt.
Einen besonders schlechten Start ins zweite Quartal erlebte gestern der Chiphersteller Intel, dessen Aktien in New York zeitweise um mehr als 9 Prozent im Minus lagen. Verantwortlich hierfür waren Medienberichte, wonach Apple bis 2020 in der Lage sein wolle, die bisher von Intel bezogenen Chips in den Mac-Computern durch selbst hergestellte zu ersetzen. Beobachter gaben indes zu bedenken, dass ein derartiger Wechsel in der Prozessorenarchitektur ein höchst risikobefrachtetes Unterfangen sei und noch keineswegs feststehe, ob Apple dazu überhaupt imstande sein werde.
Börsenboom bald am Ende?
In dieser Gemengelage an aufkeimenden Zweifeln, handfesten Schwierigkeiten und geschürten Gerüchten rund um die Tech-Branche und ihre Platzhirsche kam es gestern zum Ausverkauf an der New Yorker Börse. Titel wie Amazon, Netflix und Tesla verbuchten Tagesverluste von 5 bis 8 Prozent. Im Fall von Google und Facebook lag das Minus bei knapp über respektive knapp unter 3 Prozent, und Apple kam mit einem Taucher von 1,6 Prozent noch relativ glimpflich davon.
Börsenbeobachter werteten den gestrigen Kursrückschlag als schlechtes Omen, vor allem aus zwei Gründen. Erstens ist der S&P 500 inzwischen um mehr als 10 Prozent unter seinen Höchststand vom Januar zurückgefallen, was bedeutet, dass sich der wichtigste US-Börsenindex in einer Korrekturphase befindet. Zweitens rutschte der S&P 500 gleichzeitig unter seinen gleitenden 200-Tage-Durchschnitt – zum ersten Mal seit dem Brexit-Referendum von Mitte 2016. Aus Sicht von Börsenanalysten ist ein solcher Durchbruch nach unten – falls er Bestand hat – ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Börse an Schwung verliert.
Kritische Wegmarke
Amerikas Aktienmarkt befindet sich damit an einer kritischen Wegmarke. Natürlich können sich die Kurse von ihren jüngsten Rückschlägen wieder erholen und an den seit dem Frühling 2009 bestehenden Aufwärtstrend anknüpfen, wie sie das in der Vergangenheit schon verschiedentlich getan haben. Auch mag es den Tech-Konzernen mit den erwarteten glänzenden Geschäftsabschlüssen im ersten Quartal 2018 fürs Erste gelingen, die verunsicherten Investoren zu beruhigen. Beim Start in den heutigen Handel haben die Tech-Papiere jedenfalls einen Teil ihrer Verluste vom Vortag wieder wettgemacht.
Möglich ist aber auch, dass die um sich greifende Tech-Skepsis unter den Anlegern die Börse endgültig zum Kippen bringt – zusammen mit den übrigen Faktoren, welche die Stimmung in der Wirtschaft belasten. Dazu gehören die wachsenden internationalen Spannungen um Handel und Zölle ebenso wie die geldpolitischen Bremsmanöver der US-Notenbank und die Besorgnis, dass das weltwirtschaftliche Wachstum seinen Höhepunkt überschritten haben könnte.
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