Der mysteriöse Tod eines Playboys
Was über den Giftanschlag auf Kim Jong-nam, den Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers, bekannt ist.
Was ist über Kim Jong-nams Tod bekannt?
Am Montag begab sich Kim Jong-nam auf einen Routineflug von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur in die chinesische Sonderverwaltungszone Macao. In beiden Städten besass er Immobilien. Vor dem Abflug um 10 Uhr morgens ging der 45-Jährige mit der goldenen Rolex am Arm in Terminal 2 noch einige Geschäfte durch.
Plötzlich stürmten offenbar zwei asiatisch aussehende Frauen Ende 20 von hinten auf ihn zu. Eine der beiden soll Kim Jong-nam ein Tuch über Mund und Nase gedrückt haben. Einige wollen gesehen haben, wie ihm ein Spray ins Gesicht gesprüht wurde. Kim Jong-nam ging nach dem Überfall zunächst zum Informationsschalter. Dort klagte er über heftige Kopfschmerzen, weshalb er in die Ambulanz des Flughafens gebracht wurde. Auf dem Weg ins Spital starb er.
Eine der beiden Frauen ist auf einem Foto, das von der Polizei veröffentlicht wurde, genauer zu erkennen. Die mutmassliche Killerin trägt Rock und ein langärmliges T-Shirt – zynischerweise mit dem Aufdruck «LOL». Das steht für «Laughing Out Loud», was sich mit «laut gelacht» übersetzen lässt. Anschliessend fuhren die zwei mit einem Taxi weg. Inzwischen hat die Polizei eine Verdächtige gefasst.
Könnte Kim Jong-un den Mord an Kim Jong-nam angeordnet haben?
Davon gehen südkoreanische Experten aus, wie ein Korea-Kenner zu «SRF» sagt. Doch warum hätte Nordkoreas Machthaber, wiewohl als brutal bekannt, seinen Halbbruder aus dem Weg räumen wollen? Kim Jong-nam lebte zuletzt überwiegend im Ausland und zeigte zumindest öffentlich keine Ambitionen, eine Führungsrolle in seinem Heimatland zu übernehmen. Mehrmals wurden von ihm kritische Äusserungen über die Zustände in seiner Heimat kolportiert.
Südkoreas Geheimdienstchef Lee Byong-ho äusserte die Vermutung, Kim Jong-un habe sich von «Paranoia» leiten lassen, weniger von der Sorge um eine direkte Gefahr für seine Macht. Das Regime in Pyongyang habe bereits 2012 einen Anschlagsversuch auf Kim Jong-nam unternommen. Besonders seit der Hinrichtung seines Onkels Jang Song-thaek – bis dahin einer der engsten Berater von Kim Jong-un – Ende 2013 soll Kim Jong-nam sehr in Sorge um sein Leben gewesen sein.
Zudem wird im Süden spekuliert, ein Anschlag könnte mit den Beziehungen zu China zu tun haben. Eine Theorie besage, dass Kim Jong-un noch immer auf die offizielle Anerkennung durch Peking warte. Demnach könnte Kim Jong-uns grösste Furcht gewesen sein, China wolle eine «Marionettenregierung» unter Kim Jong-nam etablieren.
Wer war Kim Jong-nam?
Playboy, Sohn von Beruf, Lebemann: Der älteste Halbbruder des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un war kein Kind der Traurigkeit. Kim Jong-nam war der älteste Sohn des früheren Machthabers Kim Jong-il – einer von drei Söhnen, die der Diktator mit unterschiedlichen Frauen hatte. Die Mutter war Schauspielerin, die Eltern heirateten nie. Bevor er in Ungnade fiel, galt Kim Jong-nam als Erstgeborener in der einzigen kommunistischen Dynastie der Welt als potenzieller Nachfolger. Nach dem Tod des Vaters im Dezember 2011 wurde das jedoch Kim Jong-un, sein jüngerer Halbbruder.
Ausschlaggebend für seinen Verstoss aus der Familie soll letztlich eine Verhaftung 2001 am Flughafen von Tokio gewesen sein. Kim Jong-nam hatte damals angeblich einen gefälschten Pass der Volksrepublik China dabei, mit dem wenig schmeichelhaften Namen Pang Xiong darin. Zu Deutsch: fetter Bär. Ziel der Reise soll die japanische Variante von Disneyland gewesen sein.
Wie seine Halbbrüder hatte Kim Jong-nam eine Ausbildung in der Schweiz genossen. Später pflegte er Medienberichten zufolge einen genussfreudigen Lebensstil: Spielautomaten, Designerkleidung, Essen gehörten zu seinen Leidenschaften.
Was bedeutet der Giftanschlag für den anderen Halbbruder von Kim Jong-un?
Muss auch der mittlere von Kim Jong-ils drei Söhnen, Kim Jong-chol, jetzt um sein Leben fürchten? Auch ihm wird nachgesagt, keinerlei politischen Ehrgeiz zu haben. Auf die Frage, ob der Zweitgeborene das Land führen könne, sagte der geflüchtete frühere Vizebotschafter Pyongyangs in London, Thae Yong-ho, vor kurzem, Kim Jong-chol sei nur an Musik und Eric Clapton interessiert. «Ich bin sicher, in einem normalen Leben wäre er ein guter Profi-Gitarrist.»
Kim Jong-chol soll das letzte Mal 2015 an einem Konzert von Eric Clapton in London gesehen worden sein.
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