Glosse zu BildgeneratorenDer Papst als Stilikone – künstlich cool
Ein Bild vom Papst in weltlicher Kleidung begeistert. Was, wenn die katholische Kirche selbst dahintersteckt? Wessen Image könnte künstliche Intelligenz noch aufpolieren?

Der Papst trägt Balenciaga! Als der Nutzer «trippy_art_special» am Freitagabend seine Kunstwerke mit dem Titel «The Pope Drip» (Drip ist Slang für ein besonders gutes Aussehen, vor allem in Bezug auf Kleidung) ins Reddit-Unterforum «Midjourney» lädt, ahnt er oder sie wohl noch nicht, was folgt.
Im Internet ist das Bild des katholischen Kirchenvaters in puffiger weisser Winterjacke, wie es aus dem extravaganten französischen Modehaus Balenciaga stammen könnte, übers Wochenende omnipräsent. Die Selbstverständlichkeit, mit der er den Mantel trägt, die geschmeidige Bewegung, die das Bild festhält, der entschlossene Blick, als wolle Franziskus alle Schäfchen, die an der reinen Lehre zweifeln, mit einem lässigen Freestyle in seinen Stall zurückführen. All das lässt für nicht wenige nur den Schluss zu: Das Bild muss echt sein. Immerhin ist der Papst ja unfehlbar, weshalb soll er da nicht auch geschmackssicher gekleidet zur Sonntagsmesse erscheinen, wenn über den Petersplatz ein Saison-untypischer kalter Wind pfeift?
Der Pontifex raucht Zigarren mit Jesus
Damit sind nicht wenige den Versuchungen des Teufels erlegen: Das Bild – der Titel des Subreddits, in dem es seinen Ursprung nahm, deutet es an – entstammt der künstlichen Fantasie des Bildgenerators «Midjourney». Im besagten Forum auf der Plattform für allerlei Unchristliches hat sich daraufhin eine gewisse Obsession mit dem Pontifex entwickelt: Da sieht man ihn bei seinem Auftritt am Glastonbury-Festival, als DJ im Club oder wie er mit Jesus abhängt – komplett mit Goldketten, Sonnenbrillen und Zigarren. Auf Twitter setzte ein User dem vermeintlichen Mode-Papst noch einen drauf und liess ihn seine neusten Sneaker präsentieren. Keines dieser Bilder hält einer genaueren Betrachtung stand.
Und was hat der Hirte des Herrn jetzt davon? Die Bilder wirken wie eine Frischzellenkur der doch etwas in die Jahre gekommenen und von Missbrauchsfällen gebeutelten Institution der katholischen Kirche. Der argentinische Oberpriester wirkt jung, hip, nahbar, in der Lage, mit der Zeit zu gehen. Sind die Kreationen gar ein Marketinggag des Heiligen Stuhls selbst? So etwas wie himmlische Paninibilder für den Kapitän in der Mannschaft Gottes? Wenn dem so ist, mag man für den Urheber dieser Idee beherzt fordern: Santo subito!
Könnte man Trump etwas Eleganz verpassen?
Natürlich wird dieser moderne Götzendienst auch die Bilderstürmer auf den Plan rufen. Man kann sie förmlich schon sehen vor dem inneren Auge, diese Ausgeburten der Hölle namens künstliche Intelligenz: Der Papst, wie er in Spiez das «Späck-Bsteck zspät bstellt», wie er im Kettenhemd boxt oder der Papst, wie er abtreibt, nach der legendären Karikatur von Peter Thulke.
Aber man kann ja auch den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: Wenn der ewig gleich gewandete Papa schon zur Stilikone wird, setzen wir die Algorithmen doch noch auf andere an. Welche Frisur würde Alain Berset noch stehen? Könnte man Donald Trump nur einen Hauch Eleganz verpassen? Und wie sieht Milo Moiré eigentlich bekleidet aus? Sie sehen, der Papst war nur der Anfang – der künstlichen Intelligenz sind keine Grenzen gesetzt.
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