Der Pessimismus nimmt zu
Zum ersten Mal präsentierte in Davos die neue Chefökonomin des Währungsfonds, Gita Gopinath, die Wirtschaftsprognose. Sie erwartet ein Wachstum, warnt aber vor erheblichen Risiken.

Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), nutzte ihren Auftritt am Weltwirtschaftsforum (WEF) im verschneiten Davos gestern für einen Vergleich mit dem Skisport. In ihren einleitenden Worten zum dort präsentierten Zwischenbericht des Weltwirtschaftsausblicks verglich sie die Weltwirtschaft mit einer Langlaufskifahrerin. Im letzten Jahr sei sie relativ schnell unterwegs gewesen, doch jetzt werde es anstrengender, und die Sicht verschlechtere sich. Doch noch immer sei sie auf einer guten Spur unterwegs.
Die «nach wie vor gute Spur» steht symbolhaft für die neu prognostizierten Zahlen. Gemäss diesen wird die Weltwirtschaft im angelaufenen Jahr noch immer um 3,5 Prozent zulegen, statt mit 3,7 Prozent wie 2018. Damit hat der IWF die Prognose um nur gerade 0,2 Prozent reduziert. Doch einerseits verdecken diese Zahlen wesentliche Unterschiede in den Aussichten für die einzelnen Länder und Regionen, und andererseits verbergen sie laut dem IWF erhebliche Risiken für die weitere Entwicklung.
Auf beides ging an der gestrigen Veranstaltung in Davos Gita Gopinath, die neue Chefökonomin des Währungsfonds, detaillierter ein. Am WEF hatte sie in dieser Funktion ihren ersten grossen öffentlichen Auftritt.
Schwächeres Europa
Als eines der grössten Risiken – besonders für das Wachstum in Europa – nannte Gopinath einen ungeordneten Brexit. Sollte es zu einem Bruch zwischen Grossbritannien und der EU kommen, dürfte das Bruttoninlandprodukt auf der Insel langfristig rund 6 bis 8 Prozent geringer ausfallen, erklärte sie. Die Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit hat gemäss der IWF-Chefökonomin bereits bisher wegen geringerer Investitionen auf das Wirtschaftswachstum Grossbritanniens gedrückt.

Eine weitere Wachstumsabschwächung erwartet der IWF für die Eurozone. Noch im Jahr 2017 wuchs das BIP hier um 2,4 Prozent, im abgelaufenen Jahr sollen es 1,8 Prozent gewesen sein, und für 2019 erwartet der Fonds noch 1,6 Prozent. Die Prognose liegt damit um 0,3 Prozent tiefer als jene, die der IWF im Oktober abgegeben hat. Ausschlaggebend für diese Entwicklung ist gemäss Fonds-Chefökonomin Gopinath vor allem die Entwicklung in Deutschland, Italien und Frankreich. Auf die Schweiz geht der IWF in seiner Zwischeneinschätzung nicht ein. Die Entwicklung in Europa hat aber für das hiesige Wachstum grösste Bedeutung.
Eine Verschärfung des Handelsstreits zwischen China und den USA nannte sowohl Christine Lagarde als auch Gita Gopinath ebenfalls als Wachstumsrisiko für die Weltwirtschaft. Die bisher eingeführten und angekündigten Zölle sind in der Prognose von gestern enthalten. Den Handelsstreit, einen ungeordneten Brexit, die hohe Verschuldung, die anhaltende Skepsis gegenüber der Eurozone und einen möglichen Wachstumseinbruch in China nennen die IWF-Verantwortlichen auch als potenzielle Auslöser von weiteren Turbulenzen auf den Kapitalmärkten. Eine deutliche Abwärtskorrektur von Anleihen- und Aktienkursen würden den Wachstumsausblick weiter trüben.
Pessimistischere Chefs
Getrübte Aussichten spiegeln sich auch in einer weiteren am Montag in Davos vorgestellten Studie wider: dem «Global CEO Survey» des Beratungsunternehmens PWC. Sie beruht auf der Befragung von weltweit 1378 Konzernchefs. Noch im Vorjahr zeigte sich darin ein rekordhoher Optimismus, jetzt ist es ein rekordhoher Pessimismus. Zwar rechnen noch immer 42 Prozent der Konzernchefs mit einer Verbesserung der Wachstumsaussichten. Im Vorjahr war es mit 57 Prozent noch eine deutliche Mehrheit. 29 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung, im Vorjahr waren es nur 5 Prozent. In der Schweiz ist der Pessimismus sogar noch grösser. 47 Prozent der befragten Schweizer Konzernchefs rechnen 2019 mit einem rückläufigen Wachstum.
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