Vor AmtsantrittDer Präsident wünscht sich einen neuen Palast
Südkoreas künftiger Staatschef will seinen Amtssitz verlegen. Das wäre sehr teuer, sehr umständlich und unfreiwillig komisch.

Die Experten in Südkoreas Hauptstadt Seoul sagen, es würde Jahre dauern, den Amtssitz des Präsidenten vom Blauen Haus im Bezirk Jongno ins Gebäude des Verteidigungsministeriums nach Yongsan zu verlegen. Aber Yoon Suk-yeol ist eben kein Experte. Sondern der designierte Präsident des Tigerstaates. Er weiss vor allem, was er will und was er nicht will. Und er will auf keinen Fall ins Blaue Haus ziehen, wie das seit über sieben Jahrzehnten jedes südkoreanische Staatsoberhaupt getan hat. Danach sollen sich die Experten richten und besagten Umzug nicht binnen Jahren, sondern binnen Wochen möglich machen.
Seit der Präsidentschaftswahl am 9. März steht fest, dass der konservative Ex-Staatsanwalt Yoon Suk-yeol am 10. Mai der neue Regierungschef Südkoreas wird. Die Übergangsphase läuft. Yoon sollte eigentlich anderes zu tun haben, als ein Beispiel dafür zu liefern, wie teuer einen Staat die Sturheit seines obersten Machtmenschen kommen kann. Aber Yoon hat nun mal im Wahlkampf das Blaue Haus zum Symbol unnahbarer Autorität erklärt und versprochen, es nach seiner Wahl der Bevölkerung «zurückzugeben». Das will er jetzt durchziehen.
Die Idee ist nicht neu. Auch der scheidende Amtsinhaber Moon Jae-in wollte raus aus dem weitläufigen Gebäudekomplex zwischen Gyeongbok-Palast und Berg Bugak. Aber im Amt sah er dann ein, dass ein Umzug vor allem Sicherheitsrisiken und logistischen Irrsinn mit sich gebracht hätte. Es geht schliesslich nicht um den Wechsel irgendeiner beliebigen Dienstwohnung. Aber Yoon Suk-yeol lässt sich nicht belehren.

Trotz Gegenwind und horrendem Aufwand. Dem Wechsel aus dem Blauen Haus folgt eine ganze Reihe weiterer Umzüge: Das Verteidigungsministerium wechselt ins Hauptquartier der Generalstabschefs, dieses wiederum zieht in das Hauptstadt-Verteidigungskommando und so weiter. Das Finanzministerium schätzt die Kosten für den Ortswechsel auf 49,6 Milliarden Won, umgerechnet etwa 37 Millionen Franken. Manche Parlamentarier halten diese Summe für zu optimistisch. Bei Online-Petitionen kamen binnen weniger Tage über 400 000 Unterschriften zusammen.
Ungeeignet für Massenkundgebungen
Und Yoons Versprechen, die Regierung wieder näher an die Menschen heranzubringen, finden auch nicht alle überzeugend. Das Blaue Haus liegt in der Nähe des Gwanghwamun-Platzes, auf dem schon grosse Demonstrationen stattgefunden haben. Die Gegend um das Verteidigungsministerium in Yongsan ist nicht geeignet für Massenkundgebungen.
«Es ist eine Entscheidung, die ich für die Zukunft des Landes gefällt habe», hat Yoon Suk-yeol gesagt. Vor seinem Amtsantritt dürfte er aber nicht sehr weit kommen damit. Denn noch ist ja Yoons politischer Gegner Moon Jae-in im Amt. Am Montag trafen sich die beiden. Die Stimmung soll nicht unfreundlich gewesen sein, aber begeisterte Unterstützung kann Yoon vom scheidenden Präsidenten bestimmt nicht erwarten. Und neutrale Beobachter wundern sich, warum Yoon Suk-yeol überhaupt dieses ganze Theater veranstaltet. Sie verstehen das Zeichen zum Neuanfang. Aber ein neuer Stil hängt ja vor allem davon ab, was Yoon als Präsident macht. Wo er das macht, ist eigentlich egal.
Fehler gefunden?Jetzt melden.