Der Putzmann wird belohnt
Der Jamaikaner Herman Gordon macht eine ganze Universität glücklich.
Als der erste Schock verdaut ist, ruft Herman Gordon seine Frau an. «Ich kann es nicht glauben.» Es verschlägt ihm die Stimme. Er schluchzt ins Telefon. «Wir gehen nach Jamaika, ich werde endlich wieder einmal Onkel George und all meine Cousins sehen.»
Etwas ist passiert. Etwas, das diesen Fels von einem Mann erschüttert hat. Dieses Etwas hat ihn derart überfahren, dass Tränen der Rührung aus seinen Augen fliessen. Gordon ist Putzmann an der englischen Universität Bristol, seit 12 Jahren schon. Er trägt Tag für Tag sein blaues Polohemd und macht die Hörsäle sauber. Gewöhnlich schauen Studenten durch Leute wie ihn hindurch, oder sie sehen sie gar nicht, weil deren Arbeit bereits fertig ist, wenn die Studenten am Morgen ihre Bänke runterklappen.
Bei Gordon ist das anders. Man kennt ihn an seiner Universität. Er verteilt den Studenten mit seiner Pranke «fist bumps» – kleine, aufmunternde Fauststösse. Er ist der Mann, der für alle ein gutes Wort übrig hat. «Happy-go-lucky» sagen sie in England dieser Einstellung. Gordon lebt mit einer Leichtigkeit, die auffällt und andere ansteckt.
«Er ist der Inbegriff von Fröhlichkeit»
Darum ist Ende Mai auf dem Online-Klagebrett der Universität ein Eintrag aufgeschaltet worden. Dort steht: «Der jamaikanische Putzmann in der medizinischen Bibliothek ist der positivste Mensch, den ich je getroffen habe. Wenn ich die tiefsten Tiefen durchlebe, bringt er mich zum Lachen. Einfach gesagt: Er ist der Inbegriff von Fröhlichkeit.»
Schnell wird klar: Viele Studenten haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Gordon ist eine Uni-Berühmtheit, über die bislang einfach nicht gesprochen wurde. Also setzt tags darauf ein Student ein Crowdfunding auf, er will Spenden sammeln, damit Gordon mit seiner Frau im Sommer wieder einmal in die Heimat nach Jamaika reisen kann.
«Die Studenten können keine negativen Vibes gebrauchen.»
Innert fünf Tagen hat der Initiant das Ziel von 1000 Pfund erreicht, über 230 Studenten machen mit, am Ende übergeben die Studenten dem 63-Jährigen ein Couvert und einen Brief. 1500 Pfund und viele nette Worte. Sie danken ihm für die positive Energie, die er seit Jahren an der Universität verströmt. Für Gordon eine Selbstverständlichkeit. Er wisse, wie hart die Studenten durch das Jahr arbeiten würden. «Da können sie keine negativen Vibes gebrauchen.»
Gordon kam 1967 nach England und führt seither ein einfaches Leben. Er mag Fussball und den Club Arsenal, er spielt Lotto und hofft, eines Tages den Jackpot zu gewinnen, um zurück nach Jamaika ziehen zu können. Nun, den Schülerjackpot hat er jedenfalls gewonnen. Es schüttelt ihn durch, er kann es nicht glauben. Gordon muss seiner Frau telefonieren. Tränen fliessen. Er erklärt sie mit einem Oldie von Nat King Cole. Darin heisst es in einer Zeile: «Manche Träne muss fliessen. Doch es gehört alles dazu.»
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