
Sie ist der Pfahl im Bünzli-Fleisch der Bürger von Gipf-Oberfrick AG: Nancy Holten, Tierrechtlerin und Veganerin. In den vergangenen Jahren hat die 42-Jährige ihre Mitbürger mit verschiedenen Initiativen in ihrem ländlichen Selbstbewusstsein erschüttert: Mal wollte sie das Kirchengeläut am frühen Morgen abschaffen, dann die Ruheabteile im Zug wieder einführen. Sie demonstrierte gegen Tiere im Zirkus, gegen Pferderennen im Aargauer Schachen und Säulirennen an der Olma. Nicht bekannt ist, welche von diesen Aktionen eine zu viel war. Aber Feinde hat sie viele in Gipf-Oberfrick.

Dies zeigt sich jeweils an den Gemeindeversammlungen. Zweimal wollte Holten sich einbürgern lassen, zweimal wurde das Begehren abgeschmettert, zuletzt vergangenen November. Es war eine Niederlage mit Ansage. Als im November 2015 den rund 200 Anwesenden das Traktandum zum ersten Mal verkündet wurde, ging bereits ein Raunen durch den Saal. Über eine Stunde diskutierten die Bürger von Gipf-Oberfrick und lehnten das Gesuch dann mit 144 zu 48 Stimmen ab – unter Applaus. Holten verweigere sich hiesigen Regeln, hiess es, sie agitiere gegen liebe Traditionen, und das mag der gemeine Schweizer nicht.
Dabei hätte Holten alles, was es braucht. Als Achtjährige kam die gebürtige Holländerin in die Schweiz und lebt seither hier, jobbte als Model und Journalistin, spricht akzentfrei Dialekt, ist Mutter von drei Töchtern. Seit sie sich vor zehn Jahren von ihrem Mann getrennt hat, engagiert sie sich medienwirksam für ihre Überzeugungen. Genau das ist auch das Problem. Veganerin, geschieden, laut und erst noch in den Medien – das erträgt der Gipf-Oberfricker nicht. Eine Hexe sei sie, eine Kuh, sie solle dorthin zurück, wo sie hergekommen sei, so der Tenor in den sozialen Medien.
Veganerin, geschieden, laut und erst noch in den Medien – das erträgt der Gipf-Oberfricker nicht.
Doch Holten gab nicht klein bei, sie legte Beschwerde ein. Und nach genauer Prüfung des Sachverhalts kam die Regierung zum Schluss, Holten sei zu Unrecht abgewiesen worden. Weder habe sie lokales Brauchtum kritisiert, noch könne ihr Verhalten als übertrieben oder extremistisch bezeichnet werden. Grundlegende Werte der Bundesverfassung seien ebenfalls nicht verletzt worden.
Also wurde das Geschäft vergangenen November erneut der Gemeindeversammlung vorgelegt. Diesmal lehnte sie noch deutlicher ab, mit 203 zu 59 Stimmen. Die Gemeinde hat schon angekündigt, dass sie über das Geschäft nicht noch ein drittes Mal abstimmen möchte. Die Meinungen seien gemacht, und man weiss, wie stur Gemeindeversammlungen bei ihrer Meinung bleiben können. Solle doch der Regierungsrat entscheiden.
Er würde der Gemeinde mit der Einbürgerung Nancy Holtens den Gefallen tun, sich weiterhin über Lappalien enervieren zu können. Vorgebracht von einer veganen Nicht-Bioschweizerin.
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Der Schreck von Gipf-Oberfrick
Die Veganerin Nancy Holten bekommt keinen Schweizer Pass.