Der Schuldenstreit wird für die US-Armee zum Ernstfall
Die einen wollen keine neuen Steuern, die anderen keine Kürzungen beim Sozialstaat. Da bleibt nur noch das bisher Undenkbare: Das Verteidigungsbudget wird zur Manövriermasse im Schuldenstreit.

Republikaner und Demokraten in Washington sind in diesen Tagen allem Anschein nach bei keinem einzigen Thema derselben Ansicht. Es gibt jedoch eine überraschende Ausnahme: das einstige Tabu-Thema Kürzungen im Verteidigungshaushalt. Im aktuellen Haushalts- und Schuldenstreit scheinen beide Parteien gewillt, das vormals Undenkbare umzusetzen und dem Pentagon die Mittel zu kürzen.
Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, will das Budget des Militärs und der Sicherheitsdienste auf 1,2 Billionen Dollar (960 Milliarden Franken) in zwei Jahren begrenzen. Ausserdem rechnet er mit Einsparungen von einer Milliarde Dollar durch den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan und Irak. Der konservative Senator Tom Coburn will weniger Waffen, Flugzeuge und Personal und damit eine Billion Dollar einsparen. Auch eine Gruppe von sechs Senatoren aus beiden Parteien schlug eine Kürzung des Verteidigungshaushalts um 800 Milliarden Dollar vor.
Politisches Patt kratzt am Verteidigungsbudget
Es sind fiskalische Zwänge, die die Politiker zu Vorschlägen treiben, die selbst die von Präsident Barack Obama verfügte Einsparung von 400 Milliarden Dollar im Verteidigungsetat in zwölf Jahren in den Schatten stellen. Die Vorschläge sind aber auch ein Produkt der festgefahrenen Positionen beider Parteien: Die Republikaner lehnen Steuererhöhungen kategorisch ab und die Demokraten wollen keine Kürzungen bei den Sozialprogrammen zulassen. Also stehen die anderen Haushaltsposten zur Disposition: Verteidigung, Bildung, Infrastruktur, Landwirtschaftsförderung und andere. Die Militärausgaben sind dabei der grösste Einzelposten.
«Wenn die Republikaner die Option der Einnahmenerhöhung vom Tisch nehmen, ist es unvermeidbar, dass die Verteidigungsausgaben, die 20 Prozent des Haushalts ausmachen, deutlich gesenkt werden, um unser Defizit unter Kontrolle zu bekommen», sagte der ranghöchste demokratische Abgeordnete im Verteidigungsausschuss des Repräsentantenhauses, Adam Smith. Das mache ihm grosse Sorgen, weil das eine ernsthafte Gefahr für die Verteidigung sei, sagte er. Aber auch das Defizit mache ihm grosse Sorgen. Was die Lösung der Schuldenkrise angehe, verweigern sich seiner Ansicht nach einige Kongressmitglieder schlicht der Realität.
Kürzungen, die gar keine sind
Kürzungen im Verteidigungshaushalt sind für die Abgeordneten wohl der schmerzfreiste Weg zu Einsparungen, denn dabei geht es hauptsächlich um die Streichung geplanter Erhöhungen. Der Verteidigungshaushalt wuchs seit Ende der 90er-Jahre von 370 Milliarden Dollar auf heute 550 Milliarden Dollar.
Generäle und Abgeordnete in den Verteidigungsausschüssen des Kongresses warnten bereits vor der Aushöhlung der Streitkräfte. Der von Obama auserwählte Generalstabschef Martin Dempsey sagte dem Senat in dieser Woche, Einsparungen von 800 Milliarden Dollar oder mehr «wären ausserordentlich schwierig und sehr riskant». Die Chefs der Teilstreitkräfte teilten dem Repräsentantenhaus mit, Kürzungen diesen Ausmasses würden eine Reorganisation der Streitkräfte erzwingen und würden den Anforderungen der Soldaten im Einsatz nicht gerecht.
Bisher kaum Einschnitte bei der Armee
Bisher machte der Kongress jedoch keine grossen Anstalten, die Verteidigungsausgaben zu senken. Erst diesen Monat billigte er die Bereitstellung von 640 Milliarden Dollar an Militärausgaben - ein Plus von 17 Milliarden Dollar im Vergleich zum Vorjahr. Einzig im Februar verhinderten Abgeordnete der Tea-Party-Bewegung eine Aufrüstung der F-35-Kampfflugzeuge der nächsten Generation mit einem zweiten Triebwerk.
Der neue Verteidigungsminister Leon Panetta lässt derzeit prüfen, welche strategischen Folgen die von Obama verordneten Einsparungen von 400 Milliarden Dollar hätten. Fertig wird der Bericht aber wohl erst Ende des Sommers.
Donna Cassata/ dapd/ami
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