
Fünf Politiker und eine Politikerin sind seit dem Zweiten Weltkrieg im Vereinigten Königreich ermordet worden. Vier waren Opfer von Anschlägen der IRA zwischen 1979 und 1990, Jo Cox wurde 2016 von einem Neonazi getötet, als sie auf dem Weg zur Bürgersprechstunde war. David Amess wurde am Freitagmittag in seinem Wahlbezirk in Leigh-on-Sea erstochen.
Es ist auch die scheinbare Beliebigkeit dieser Tat, die betroffen macht. Der mutmassliche Täter handelte wohl aus einem radikalislamistischen Motiv. Amess war ein langjähriger Hinterbänkler im Unterhaus, ein geschätzter Abgeordneter, aber kein landesweit prominenter Politiker. Er setzte sich zuletzt für ein Kinderparlament ein und gegen die Fuchsjagd. Politiker zu sein, genügt schon, um ein potenzielles Ziel von Bedrohungen zu sein, nicht nur in Grossbritannien.
«Immer wenn ich diese Rampe hochfahre, muss ich an dieses schreckliche Ereignis denken.»
Im vergangenen Jahr hat Amess ein Buch veröffentlicht, darin reflektiert er auch die Frage, wie sicher Abgeordnete sind. Ein Abschnitt trägt den Titel «Von der IRA zu Isis». Vor allem der Anschlag auf Airey Neave, der 1979 von einer Autobombe getötet wurde, während er aus dem Parkhaus am Parlament hochfuhr, habe ihn stets beschäftigt, schreibt Amess: «Immer wenn ich diese Rampe hochfahre, muss ich an dieses schreckliche Ereignis denken.»
Dennoch vertrat Amess bis zuletzt eine nahezu uneingeschränkte Offenheit – obwohl er bereits als junger Abgeordneter wegen Morddrohungen einen Sicherheitsknopf neben seinem Bett installieren lassen musste. Auch jetzt betonen die meisten Politiker zu Recht, am Konzept der Bürgersprechstunden müsse festgehalten werden.
Ein tragischer Vorfall wie der Mord an Amess wird allerdings die Atmosphäre verändern: Polizeischutz oder Metalldetektoren bei den Bürgersprechstunden werden erwogen.
Mehr Sicherheit ist ein nachvollziehbarer Reflex. Für das Verhältnis der Briten zu ihren Politikern, das seit dem Brexit-Referendum ohnehin gespaltener ist denn je, ist das jedoch keine gute Nachricht.
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Kommentar zum Mord an David Amess – Der sechste getötete Politiker
Die Atmosphäre zwischen den britischen Abgeordneten und ihren Wählerinnen und Wählern wird sich verändern – leider.