Vom Rockstar zum Corona-SkeptikerDer tiefe Fall des Eric Clapton
Der weisse Bluesgitarrist macht durch jahrzehntelang unkorrigierten Rassismus und drei fanatische Antiimpfsongs von sich reden. Wie ist das bei einem wie ihm zu erklären?

Robert Cray, der schwarze Bluesmann aus Georgia, sagte seinem Freund und Vorbild vor kurzem ab. Cray hätte auf Eric Claptons aktueller Tour im Vorprogramm spielen sollen und freute sich darauf.
Bis er die drei neuen Songs hörte, die Clapton mit dem irischen Soulsänger Van Morrison eingespielt hatte. Die Musiker äussern darin nicht nur radikale Kritik an den Covid-Impfungen und ihren Regierungen, sie gehen noch weiter (wobei gesagt werden muss, dass Clapton sich hatte impfen lassen und schwer an den Nebenwirkungen litt).
Denn in der zweiten Strophe von «Stand and Deliver» singt Eric Clapton die Zeilen: «Do you wanna be a free man / or do you wanna be a slave?» Die Zeilen werden wiederholt, falls jemand die Analogie nicht begriffen haben sollte, worauf Clapton die Ernte einfährt: «Do you wanna wear these chains / Until you’re lying in the grave.» An diesem Punkt war es für Robert Cray genug, und viele schwarze Mitmusiker waren noch schockierter.
Denn was Clapton / Van Morrison da unter Bezug auf die amerikanische Verfassung vollziehen, ist ein Direktvergleich der weissen Impfgegnerinnen und Impfgegner mit den afrikanischen Sklavinnen und Sklaven im amerikanischen Süden. Die Analogie kommt einer Demütigung afroamerikanischer Bürgerinnen und Bürger gleich.
Und das von zwei Musikern, die ihre ganze Karriere der schwarzen Musik zu verdanken haben. Van Morrisons Stimme koppelt sich an die grossen schwarzen Soulstimmen an, und Eric Clapton hat wiederholt gesagt und gezeigt, wie viel er von seinen afroamerikanischen Helden gelernt hat.
Das hielt ihn nicht davon ab, eines seiner Alben «Me and Mister Johnson» zu nennen, nach dem so einflussreichen Bluessänger und -gitarristen der Zwanzigerjahre im Mississippidelta. Allein die Reihenfolge der Namen belegt, wen Clapton für den Wichtigeren hält. Sein Album klingt im Vergleich zu Johnsons Originalen wie lauwarme Milch, die sich für gebrannten Whisky hält.
Während seiner frühen Karriere galt der virtuose Brite als Musiker, der die Politik mied und an keiner Demonstration zu sehen war. Das änderte sich während einer Nacht in Birmingham im August 1976. Clapton, schwer betrunken wie immer damals, trat ans Mikrofon und bekannte seine Sympathie für Enoch Powell. Der glühende Rassist, damals noch Präsident der Tories, hatte in seiner berühmten «Rivers of Blood»-Rede im April 1968 die Ausschaffung von Schwarzen, Indern, Arabern und Pakistanern aus Grossbritannien gefordert. Sie würden England destabilisieren.
Seine Partei hatte es während einer Kampagne in den Sechzigern klargemacht: «If you want a nigger for a neighbour, vote Labour.» Enoch Powell wird von englischen Rechtsextremen bis heute verehrt.
Clapton erklärte von der Bühne herunter seine Bewunderung für Powells Rede. Und befand, alle Fremden müssten Grossbritannien verlassen: «Get the wogs out, get the coons out.» Die erste Abwertung meint Menschen wie Inder, Pakistaner oder Jamaikaner, die zweite ist eine hochrassistische Bezeichnung für Schwarze. In seiner Autobiografie begründet Clapton seinen Auftritt mit seinem damaligen Alkoholismus; ausserdem habe ein arabischer Tourist am Flughafen Heathrow seine damalige Freundin lüstern angeschaut.
Eric Clapton findet bis heute, Enoch Powell habe in vielem recht gehabt. Von seiner Rede in Birmingham hat er sich nie distanziert. Und mit den Impfgegnerinnen und Impfgegnern hat er seine neuen Sklaven. Aber diese dürfen bleiben.
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