Der Uber-Banker, der selbst Taxi fährt
Er zieht alle Register, um die grossen Tech-Konzerne an die Börse zu bringen. Michael Grimes setzte sogar seine Mutter ein.

Silicon Valley hat nicht viel für Wallstreet übrig. Geldhungrig, kurzsichtig, technologisch unbedarft – so das simple Bild der Banker von New York an der Westküste. Michael Grimes ist eine seltene Ausnahme, und dies nicht nur, weil er in Kalifornien aufgewachsen und ausgebildeter Computer- und Elektroingenieur ist.
Grimes macht seine Aufträge zu einer persönlichen Sache; und dieser ungewöhnliche Einsatz macht ihn nun auch zum führenden Banker von Uber. Er war über längere Zeit als verdeckter Uber-Fahrer unterwegs und konnte die Schwächen und Stärken des Unternehmens auskundschaften. Seine Innensicht dürfte ein gewichtiger Vorteil sein, wenn Uber im kommenden Jahr an die Börse geht und den geeigneten Banker wählen soll.
Der Blick ins Unternehmen vom Fahrersitz aus ist auch für Konzernchef Dara Khosrowshah ein Anliegen. Uber war in eine tiefe Krise gestürzt, weil sich Firmengründer Travis Kalanick viel zu lange nur auf einen kleinen, verschworenen Kreis von Freunden abstützte, jede kritische Sicht ausblendete und den Zerfall moralischer und unternehmerischer Werte nicht wahrhaben wollte.
Seit gut einem Jahr ist Khosrowshah nun am Aufräumen. Er hat bereits eine landesweite TV-Kampagne lanciert, in der er eine «bessere Qualität für Kunden und Fahrer» verspricht. Grimes dürfte einiges dazu zu sagen haben, war er doch neben seiner Arbeit als Investmentbanker von Morgan Stanley als Fahrer unterwegs, noch bevor Khosrowshah das Steuer übernahm und ein neues, geläutertes Unternehmen zu präsentieren begann.
Er setzte sogar seine Mutter ein
Der 51-jährige Grimes hat gemäss dem «Wall Street Journal» nun die beste Ausgangslage, den Börsengang von Uber als der führende Banker des Ausgabesyndikats vorzubereiten. Das würde Morgan Stanley die höchste Kommission sichern, vermutlich zwischen 30 und 40 Millionen Dollar. Grimes gilt bei Finanzierungsgeschäften als eine der sichersten Adressen. Er war es bereits, der Facebook, Linkedin, Google und Dutzende anderer Techfirmen zu Publikumsgesellschaften gemacht hat.
Und in vielen Fällen sicherte er sich das Geschäft mit seinem ungewöhnlichen persönlichen Einsatz. So beobachtete er vor dem Börsengang von Pandora wochenlang, wie seine Tochter den Musikstreaming-Service benutzte, um dann mit seinen Einsichten die Geschäftsleitung für sich gewinnen zu können. Als Google mit einem ungewöhnlichen Auktionsverfahren an die Börse gehe wollte, das die Wallstreet-Banken ausschaltete, war Grimes der einzige Banker, der Google unterstützte – mit einem auch für ihn lukrativen Erfolg.
Grosse Pläne: Uber stellte im Frühling sein fliegendes Taxi vor. Video: AFP
Als nach dem Börsencrash von 2000 rund 4000 Finanzleute im Silicon Valley die Stelle verloren, hielt Grimes durch und baute sein Netzwerk aus. Er freundet sich mit Sheryl Sandberg an, bevor sie bei Google Karriere machte, und gab ihr hilfreiche Ratschläge. Als sie später zu Facebook wechselte, wurde Grimes belohnt. Er sicherte sich den Börsengang gegen harte Konkurrenten. Und er spannte auch seine Mutter fürs Geschäft ein. Beide stellten in wochenlanger Arbeit einen weit verästelten Stammbaum der Familie zusammen und präsentierten ihn der Genealogie-Plattform Ancestry. Prompt bekam er auch hier den Zuschlag für den Börsengang. «Die anderen Banker waren nur an Zahlen interessiert», sagte Ancestry-Verwaltungsrat David Goldberg. «Grimes aber war persönlich engagiert.»
Konkurrenz setzt Uber unter Druck
Für Uber steht ausserordentlich viel auf dem Spiel. Noch immer macht das Unternehmen keinen Gewinn und sieht sich mit dem ebenfalls in San Francisco domizilierten Lyft einer rasch erstarkenden Konkurrenz ausgesetzt. Lyft drängt bereits im kommenden Frühjahr an die Börse, unterstützt von JP Morgan und Credit Suisse.
Uber plante den Börsengang für den Herbst, doch scheint das Unternehmen die Sache beschleunigen zu wollen, um nicht von Lyft ausgestochen zu werden. Zudem müssen beide Unternehmen hoffen, den derzeitigen Boom für solche Finanzgeschäfte noch zu erwischen, bevor er verglüht. Grimes und seine Bank stehen bereit. Morgan Stanley spant mit Goldman Sachs zusammen und glaubt gemäss Insidern, Uber für 120 Milliarden Dollar an die Börse bringen zu können, mehr als seinerzeit Facebook lösen konnte. Das Ansinnen erscheint auch deshalb verwegen, weil die japanische Softbank das Unternehmen im letzten Winter nur mit 48 Milliarden Dollar bewertete, als sie als Investorin einstieg. Anderseits war Toyota kürzlich bereit, sich bei einem Marktwert von 76 Milliarden an Uber zu beteiligen.
Doch sollte nicht alles reibungslos gehen beim Börsengang, so wäre Grimes nicht ratlos. Als die Zahlen von Facebook vor dem Börsengang nicht gerade optimal erschienen, schrieb er ein beschönigendes Drehbuch zuhanden der Investoren. Das schuf einen Interessenkonflikt, dem der Banker mit einem Trick auswich. Er zog aus dem Hotelzimmer aus, wo Facebook die Zahlen präsentierte, bezog einen anderen Raum und tat, als ob er nichts mit der Präsentation zu tun habe.
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