Der ungesunde Silberrausch
Der Preis für Silber kletterte in den vergangenen Wochen um fast elf Prozent. Das Edelmetall sorgt unter den Anlegern für einen wahren Rausch. Doch Experten warnen vor Rückschlägen.
Seit Wochen kennt der Silberpreis kein Halten mehr. Das Edelmetall hat mit über 42 Franken pro Feinunze (31 Gramm) ein neues Allzeithoch erreicht und ist so teuer wie seit 31 Jahren nicht mehr. Offenbar getrieben von Inflationssorgen und vom schwachen Dollar kaufen Anleger wie im Rausch alles, was sie an Silbrigem kriegen können - von Wertpapieren über Barren bis hin zu Sammlermünzen.
Allein in den vergangenen zwei Wochen kletterte der Silberpreis um fast elf Prozent. Bei dieser Rally komme nicht einmal Anlegers Liebling mit, das Gold, berichtet Börsenhändler Niklas Breckling vom Wertpapierhaus Schnigge. Der Goldpreis legte in den vergangenen drei Monaten um gut 12 Prozent zu, Silber dagegen um mehr als 41 Prozent.
Zocker feuern eine Blase an
Über die weiteren Aussichten für das Edelmetall sind die Expertenmeinungen sehr gespalten. Während einige Marktbeobachter einen Silberpreis von bis zu 100 Dollar je Unze schon nicht mehr ausschliessen, warnen andere inzwischen vor Rückschlägen. «Da hat sich eine Blase entwickelt, die von Zockern befeuert wird - wie damals an der Börse am Neuen Markt», mahnt Handelsprofi Breckling zur Vorsicht. Nach dem steilen Höhenflug sei das Edelmetall anfällig für eine Korrektur. Neueinsteiger sollten jetzt lieber die Finger davon lassen.
Goldene Zukunft oder baldiger Absturz?
Die Spekulation auf weiter steigende Preise sei «nicht mehr gesund», betont der Handelsexperte. Die Hoffnung auf gute Gewinne verleite selbst wenig erfahrene Anleger zum Kauf von Silberbarren und Wertpapieren zu momentanen Höchstpreisen, hat Marco Cabras, Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) beobachtet. Er kenne Investoren, die sich zuhauf Silberbarren für einen fünfstelligen Betrag in den Keller gelegt hätten, berichtet Breckling. Jetzt sei nicht das Mitschwimmen mit der Masse, sondern massive Skepsis gefragt. Steigen die ersten Anleger aus, kann es mit dem Silberpreis rasch bergab gehen.
Ein Neueinstieg zum aktuell historischen Höchstpreis sei «Wahnsinn», warnt auch Roland Aulitzky, Edelmetall-Experte von «Finanztest». Er sagt: «Das erinnert wirklich an die Blase vom Neuen Markt.» Silber sei als Geldanlage deutlich risikobehafteter als Gold und hoch spekulativ. Trotzdem greifen Anleger weltweit wie besessen zu. Analysten halten den schwachen Dollar für einen der Gründe, warum Silber für erschwinglich gilt und im Fahrwasser von Gold derzeit von einem Rekord zu nächsten jagt. Die US-Währung notiert aktuell so niedrig wie zuletzt Anfang 2010.
Dass Silber noch eine goldene Zukunft vor sich habe, schreiben viele Rohstoffexperten zudem einer Studie zur industriellen Nachfrage zu. Laut «Silver Institute», der Weltorganisation der Silberindustrie, soll der weltweite Bedarf von 487 Millionen Feinunzen 2010 bis 2015 um rund 36 Prozent auf 666 Millionen Unzen pro Jahr steigen. Angesichts solch glänzender Prognosen könne das Edelmetall noch auf Monate hinaus in der Gunst der Anleger stehen, sind Analysten vieler Banken und Investmenthäuser nach wie vor positiv gestimmt.
Keine Silberbarren für den Safe
Die weltweiten Inflationsängste, Unruhen in der arabischen Welt, die Katastrophen in Japan sowie die Schuldenkrise in Europa sei Grund für die massiven Käufe, ist Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank, überzeugt. Gold und auch Silber würden in unsicheren Zeiten «ihrem Ruf als sicherem Hafen gerecht».
Wer trotz aller Warnungen jetzt noch unbedingt auf die Rally aufspringen will, sollte nur wenig Geld einsetzen, empfiehlt Breckling. Wie beim Gold, kann man sich Silber zum Anfassen auch als Barren oder Sammlermünzen nach Hause holen. Etwa mit dem amerikanischen Silber-Eagle, dem Silber Maple-Leaf aus Kanada oder die Silber-Quadriga aus Deutschland. Davon rät der Händler jedoch ab. Besser sei der Kauf von «Exchange Traded Funds» (ETF), das sind börsengehandelte Investmentfonds, bei denen der Gegenwert in Silber physisch hinterlegt und abgesichert ist.
«Wenn, dann höchstens ETFs», betont auch Aktionärsschützer Cabras. Aber nicht als lupenreines Silber-Investment, sondern als Korb zusammen mit weiteren Metallen wie Gold, Platin, Titan oder Palladium. Wer sich Silber als Schmuck kauft, fahre am vorsichtigsten, ist Cabras überzeugt. Das Spekulieren solle den Profis überlassen werden.
dapd/kpn
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