Es war eine Eskalation mit Ansage: Seit Monaten schikaniert Russland Handelsschiffe im Asowschen Meer, einem Binnenmeer fast so gross wie die Schweiz. Nach einem bewaffneten Zusammenstoss, der ersten direkten Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine, gibt sich Kiew kämpferisch und hat das Kriegsrecht verhängt. Präsident Petro Poroschenko dürfte dabei weniger an Moskau als an sich selber denken. Die möglichen Massnahmen lesen sich fast wie eine Liste dessen, was er schon lange gern tun würde: Einschränkung der Medienfreiheit, Verbot von Versammlungen, Beschlagnahmung von Betrieben oder die Möglichkeit, die Wahlen zu verschieben. Diese würde er nämlich – Stand heute – ohne Zweifel schmählich verlieren.
In diesem Sinne hat Russland vielleicht sogar recht, und die Ukraine hat die Eskalation gezielt provoziert. Doch mit allem anderen hat Russland nicht recht. Das Asowsche Meer ist ein Binnengewässer, beide Länder haben dort die gleichen Rechte. Moskau hat die letzten Monate über fünfzig Kriegsschiffe dorthin verlegt. Und die Brücke über die Strasse von Kertsch, die Russland mit der annektierten Krim verbindet, dient faktisch als Barriere dazu, das Asowsche Meer abzuriegeln. Den schmalen Durchgang, den die Brücke überhaupt noch lässt, kontrolliert Russland vollständig.
Die Folgen sind gravierend: Die ukrainischen Häfen müssen massive Verluste hinnehmen, und ein Übergreifen der Schikanen auf das Schwarze Meer – und den wichtigsten ukrainischen Hafen in Odessa – ist nicht auszuschliessen. Im Konflikt um die ostukrainischen Rebellengebiete wurde im Asowschen Meer still und heimlich eine neue, südliche Front aufgezogen. Ob zu Land oder zu Wasser – die Ukraine ist Russland militärisch heillos unterlegen: Kiew verfügt nur noch über eine Handvoll Schiffe. Und Moskau wird auch diese konfiszieren, wenn sie in Reichweite kommen.
Hilfe hat die Ukraine keine zu erwarten. Der Westen sieht sich einmal mehr auf seine hehren, aber leeren Worte reduziert. Die Nato hat Poroschenko ihre Solidarität versichert, man unterstütze die territoriale Integrität der Ukraine. Und weil niemand Schiffe schicken und einen Krieg riskieren will, rufen Politiker nach der nächsten Runde von Sanktionen. Doch diese immer gleichen Gesten helfen nichts. Die Sanktionen scharen die Russen hinter Präsident Wladimir Putin und treiben ihm taumelnde Oligarchen in die Arme. Wie sehr die Strafmassnahmen versagen, macht die jüngste Krise auf absurde Weise deutlich: Die Krim-Brücke wurde ausgerechnet von Putins Judopartner Arkadi Rotenberg gebaut, der seit 2014 auf der westlichen Sanktionsliste steht.
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Der Westen hat nur hehre, aber leere Worte für Kiew
Der Westen wird Moskau wegen seines Vorgehens in der Ukraine sanktionieren. Doch nützen wird das nichts.