«Der Wunsch, den See entlang spazieren zu können, ist alt»
Vier Kantonsräte um Peter Schulthess aus Stäfa wollen, dass der Uferweg rund um den Zürichsee in acht Jahren Realität ist. Dafür sammeln sie bald Unterschriften.
Peter Schulthess, wie oft waren Sie dieses Jahr schon am Zürichsee?
Heute zum ersten Mal. Das Wetter war ja bisher nicht so toll. Ich bin aber im Sommer sehr gerne dort. Zum Beispiel im Kehlhof oder in der Hafenanlage in Stäfa. Und wirklich gerne möchte ich einmal vom Hafen Richtung Seegärten spazieren - den See und nicht die Seestrasse entlang. Es ist doch seltsam, dass man hier in Stäfa, das ein Tourismusort sein will, nirgends anständig am See flanieren kann.
Wollen das die Leute denn? Es gibt doch genug öffentliche Plätze am See, kleine und grosse - und sie werden kaum genutzt.
Weil oft nur Insider wissen, wo man sich an den See legen kann, ohne Eintritt zu bezahlen. Gäbe es einen Seeuferweg, würden diese vielen schönen, versteckten Flecken endlich verbunden, öffentlich gemacht und auch genutzt.
Sie wollen dafür Spazierwege durch Privatgärten bauen, wo See- anstösser seit Jahrzehnten ihre Aussicht auf das Wasser geniessen?
Dass diese Leute keine Freude an unseren Ideen haben, leuchtet mir ein.
Aber es ist wichtiger, dass Herr Schulthess vom einen zum anderen Plätzchen spazieren und dabei in die Gärten der Reichen gucken kann?
So persönlich darf man es nicht sehen. Es ist erstaunlich, wie viele negative Kommentare als Reaktion auf unsere Initiative im Internet kursieren.
Was war der galligste?
Im Gegenzug zum Seeuferweg forderte jemand das Zugangsrecht auf sämtliche Balkone der Bevölkerung.
Wie antworten Sie dem Kritiker?
Diese Leute verkennen, dass den meisten Seeanstössern das Land gar nicht gehört. Sie geniessen nur ein Nutzungsrecht des Kantons. In den Konzessionen steht Schwarz auf Weiss, dass dieses Land unentgeltlich abzutreten ist, wenn der Kanton einen Weg bauen möchte. Insofern stimmt der Vergleich einfach nicht. Der Bau des Seeuferwegs auf Konzessionsland ist keine Einschränkung des Privateigentums. Dass der Kanton schon vor Jahrzehnten dieses Land nicht einfach verkauft hat, zeigt auch, wie alt der Wunsch ist, den See entlang spazieren zu können.
Diskussionen etwa mit der chemischen Fabrik in Uetikon zeigen aber, dass es trotz Konzessionen schwierig ist, dieses Recht durchzusetzen. Die Eigentümer beharren auf dem Gewohnheitsrecht.
Deshalb unsere kantonale Volksinitiative. Im Verkehrsrichtplan ist ein Seeuferweg seit 40 Jahren eingezeichnet. Die Regierung hätte eigentlich den Auftrag gehabt, den Weg innerhalb von 20 bis 25 Jahren zu realisieren, aber nichts ist geschehen.
Nun wollen Sie die Regierung zwingen, schneller vorwärtszumachen und dafür Geld aus dem Strassenfonds zu verwenden.
Das mit dem Strassenfonds ist nichts Neues. Ein Seeuferweg ist laut Gesetz eine Strasse wie jede andere. Nur hat der Zürichseeweg bei der jährlichen Budgetplanung im Regierungsrat keine Priorität gegenüber Kreiseln, Strassenunterhaltsarbeiten und Ähnlichem. Deshalb wollen wir im Strassenbaugesetz einen Passus einfügen, wonach der Zürichseeweg innerhalb von acht Jahren gebaut werden solle.
Wieso glauben Sie, im Kanton Befürworter zu finden? Was interessiert der Zürichseeweg Stimmberechtigte im Oberland?
Die 6000 Unterschriften, die für die Volksinitiative nötig sind, werden wir am See sammeln. Das sollte uns spielend gelingen, wenn wir noch im Sommer loslegen können.
Wie gewinnen Sie die Abstimmung?
Wir müssen den Leuten im Kanton, die nicht am See spazieren können, klarmachen, dass sie nicht nach Zürich zu fahren brauchen, um dicht gedrängt zwischen Zürichhorn und Wollishofen am See zu flanieren. Der Zürichsee ist viel grösser! Am See zu flanieren, ist ein Recht der gesamten Bevölkerung im Kanton und nicht nur der Seeanstösser.
Ein Bauer im Oberland hätte es auch nicht gern, wenn man einen Weg über seinen Hof baut. Er hat sicher Verständnis für bürgerliche Besitzansprüche am See.
Wo Konzessionen vorhanden sind, geht es ja nicht einmal um eine Enteignung, sondern nur um die Durchsetzung von geltendem Recht. Andernorts kann man - wenn man nicht zu einer Einigung kommt - Teile des Seeuferwegs auch als Steg ausführen. Ich bin nicht der Meinung, dass er zwingend vor jedem Haus durchführen muss. Aber es sollte ein durchgehender Wanderweg sein, der zum grössten Teil das Ufer entlang führt. Mit freiem Blick aufs Wasser. Das Trottoir der Seestrasse, oft ein lang gezogener Parkplatz, ist keine Option.
Die EVP hat eine Initiative mit dem gleichen Ziel gestartet. Warum arbeiten Sie nicht zusammen?
Es macht keinen Sinn, die Initiativen zu koordinieren, denn die EVP geht einen anderen Weg. Sie will durchgehend frei zugängliche Ufer in der Kantonsverfassung festschreiben, ähnlich, wie es der Verein Rives Publiques im Bund erreichen will. Wir haben aber das Gefühl, dass eine Verfassungsänderung zu wenig wirksam ist. Es braucht etwas, was die Regierung zum Handeln zwingt - etwas auf Gesetzesstufe.
Springt die SP nicht einfach auf einen Zug auf, den die EVP und Rives Publiques - und die Grünen mit einer Initiative zum Raumplanungsgesetz - ins Rollen gebracht haben?
Nein, wir sind seit 15 Jahren immer wieder im Kantonsrat mit dem Thema Seeuferweg vorstössig geworden. Das erste Mal hat sich die SP in den 70er-Jahren dafür starkgemacht. Damals dachten alle «Juhui, der Seeuferweg kommt in absehbarer Zeit» und mussten dann zuschauen, wie die Regierung mauert und mauert. Dass so viele Kreise nun aktiv werden, deute ich als positives Zeichen. Der Uferweg ist von grossem öffentlichem Interesse, und jetzt ist der Zeitpunkt da, um zu handeln. Peter Schulthess macht sich für mehr Seezugang stark. Foto: Michael Trost
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