Der Zeche letzter Atem ist zornig – und macht zornig
Der Dortmunder «Tatort» enttäuscht mit schlechter schauspielerischer Leistung und plumper Musik. Schade um die tolle Kulisse.
«Zorn» – der Name ist Programm, bei den Protagonisten, aber nicht nur. Gleich zu Beginn der erste Aufreger: die allzu theatralische Musik. Lieber hätte man natürlich Umgebungsgeräusche der stillgelegten Zeche gehört, in deren Nähe der Mord geschah, die wären szenisch genug gewesen – gierendes, rostiges Metall, knackende alte Arbeiterhäuser, der Wind, der durch das verdorrte Gras pfeift. Bedrohende Trostlosigkeit einer untergegangenen Welt. Gute Bilder, wichtige Bilder. Die Schliessung des letzten Steinkohlebergwerks in Deutschland ist einen Monat her. Stattdessen: ein musikalisches Motiv, das kindlich daherkommt – unpassend. Eingangs sogar noch eingeleitet mit einem Trommeln, das wir aus «House of Cards» kennen, dazu ein Zeitlupen-Zoom auf ein altes Zechengelände. Eine weitere Anlehnung an die US-Serie?
Dann das Spiel der beiden jüngeren Mitglieder des Ermittlungsteams: Nora Dalay und Jan Pawlak zanken sich ständig, werden grob, schreien sich an. Auch das: kindlich, unpassend. Die Diskrepanz zwischen den schauspielerischen Leistungen der jungen verglichen mit den Alten im Team – Peter Faber und Martina Bönisch – irritiert.
Aber eigentlich ist ja Schicht im Schacht. Die Zeche ist zu, die ehemaligen Kumpel sollen für ihre brüchigen Häuser entschädigt werden und fortan im Freizeitpark arbeiten, in den die alte Zeche umfunktioniert wird. Das passt natürlich nicht allen Bergmännern, weshalb sich einer von ihnen Sprengstoff bei einem Reichsbürger besorgt.
Verfassungsschutz auf Abwegen
Zusammen mit seinem Kumpel Stefan Kropp will Ralph Tremmel das alte Werk in die Luft jagen – ihm hatte man zuvor einen Job in der Geisterbahn des Freizeitparks angeboten. Ex-Bergmann Andreas Sobitsch – er engagierte sich für die Rechte der Ex-Kumpel – muss diesem Plan auf die Spur gekommen sein. Er war es, der als Erster mit dem Leben bezahlte in diesem «Tatort». Doch, und erst da wurde es nach langer Zeit spannend: Mit den Ermittlungen gibt es ein Problem.
Da ist Klarissa Gallwitz vom Verfassungsschutz. Sie händigt Kommissar Faber bei einem Drink ein Foto aus. Es zeigt den Mörder von Fabers Tochter und Frau. Gallwitz weiss, wo er ist. Sie will aber auch, dass Faber und sein Team die Finger von Reichsbürger Keller lassen. Der Informant des Verfassungsschutzes, der wohl auch Sobitschs Mörder ist. Und auch der Mann, der, anders als dem Verfassungsschutz versprochen, funktionierende Zünder an das Sprengduo Kropp-Tremmel lieferte. Aber davon soll niemand erfahren. Offenbar auch nicht der Zuschauer. Frau Gallwitz wirkt nicht nur äusserst verstrahlt, sondern nuschelt so stark vor sich hin, dass man wichtige Passagen akustisch nicht versteht.
Doch diese hängende Schlusspointe – wann kriegt Faber den Mörder seiner Familie? – wird ohnehin überschattet von der vorherigen Szene, in der die Ermittlerin Dalay Ex-Kumpel Tremmel auf dem Stahlgerüst des Zechengeländes jagt. Er am Zünder, sie mit erhobenen Händen, auf ihn einredend. Plötzlich ereilt sie eine Panikattacke, sie bricht hyperventilierend zusammen. Erneut: schlecht gespielt, unglaubwürdig. Der «Tatort» endet, wie er angefangen hat: voller Zorn.
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