Der Zwielichtige
Der verstorbene Boris Beresowski galt als einer der wichtigsten Kreml-Kritiker. Dabei verstrickte der Russe sich selbst immer wieder in dunkle Machenschaften. Selbst bei Putins Gegnern stand er in Ungunst.
Der gestrige Tod des russischen Oligarchen Boris Beresowski wirft Fragen auf: Erlitt er einen Herzinfarkt, war es Mord oder wählte er den Freitod? Auch die heutige Durchsuchung in seinem Haus südlich von London brachte keine neuen Erkenntnisse. Wie so vieles in Beresowskis Leben bleibt selbst seine Todesursache vorerst im Unklaren.
Der schwerreiche Kreml-Gegner Boris Beresowski galt als Russlands Staatsfeind Nummer eins. Immer wieder hatte der 67-jährige Multimilliardär von sich behauptet, als Königsmacher im Kreml Wladimir Putin letztlich selbst zum Nachfolger von Präsident Boris Jelzin gemacht zu haben.
Kritik aus dem britischen Exil
Als der frühere Geheimdienstchef Putin an die Macht kam, suchte der auch dick im Mediengeschäft verdienende Oligarch aber schnell das Weite. Im Jahr 2000, als Putin Präsident wurde, ging er nach London, wo er politisches Asyl erhielt. Von dort aus stichelte Beresowski nicht nur gegen den Machthaber im Kreml. Er wetterte gegen den neuen Geheimdienststaat unter Putin und diktierte Journalisten schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten – bis hin zum Mord.
Seine Anschuldigungen fielen aber immer auch direkt auf ihn selbst zurück. Die russische Führung brachte ihn letztlich selbst mit den grossen und bis heute ungeklärten politischen Morden in Russland in Verbindung. Dazu gehören etwa die Todesschüsse auf die regierungskritische Reporterin Anna Politkowskaja von der Zeitung «Nowaja Gaseta». Genauso das Attentat auf den früheren Geheimdienstmitarbeiter Alexander Litwinenko, der 2007 an dem Strahlengift Polonium 210 starb. Regierungstreue Kräfte unterstellten Beresowski, er habe beide persönlich ausschalten lassen, um damit dem Präsidenten zu schaden. Im Dezember wiederum teilte die britische Justiz mit, die Behörden hätten ausreichend Beweise für eine Verwicklung Russlands in den Gifttod. Ein Justizverfahren soll im Mai beginnen.
Undurchschaubar
Auch unter Kreml-Kritikern und oppositionellen Journalisten galt Beresowski als undurchschaubare und zwielichtige Figur. Russlands Machthaber versuchte, diesen Ruf noch zu verstärken, indem er Beresowski mit Prozessen wegen Wirtschaftsverbrechen von Geldwäsche über Betrug bis zur Steuerhinterziehung überzog. Die Urteile gegen den Milliardär ergingen stets in Abwesenheit.
In Medien häuften sich zuletzt Berichte, wonach Beresowski in finanziellen Schwierigkeiten sei. Im vergangenen Jahr hatte er einen ruinösen Rechtsstreit gegen den milliardenschweren Landsmann Roman Abramowitsch verloren, an dessen Ende er dessen Verfahrenskosten in Höhe von 43 Millionen Euro übernehmen musste. Bereits 2011 hatte er bei der kostspieligen Scheidung von seiner zweiten Frau Galina Bescharowa Medienberichten zufolge ein Vermögen verloren.
Nicht zuletzt belastete der Fall Beresowski auch die russisch-britischen Beziehungen. Mit Gesuchen an London, den Staatsfeind auszuliefern, scheiterte Russland wieder und wieder. Aus seinem Exil finanzierte Beresowski die russische Opposition.
Angeblicher Reuebrief
Noch ehe sein Tod gestern offiziell bestätigt wurde, teilte Putins Sprecher Dmitri Peskow mit, dass Beresowski angeblich erst unlängst einen Reuebrief an den Präsidenten geschrieben und Putin handschriftlich um «Vergebung» für seine «zahlreichen Fehler» und um Hilfe bei einer Rückkehr nach Russland gebeten habe. Vertraute des Oligarchen äusserten Zweifel an dieser Darstellung. In einem Interview am Tag vor seinem Tod äusserte Beresowski offenbar, dass das «Leben keinen Sinn mehr hat» und dass er sich «nichts mehr wünscht, als nach Russland zurückzukehren».
Über alle politischen Lager in Moskau hinweg wurde Beresowski als markante, aber umstrittene Persönlichkeit gewürdigt. Er wurde am 23. Januar 1946 in Moskau geboren. Während des Niedergangs der Sowjetunion verdiente er mit Autoverkäufen seine ersten Millionen. Später erzielte er immer grössere Gewinne mit Unternehmensbeteiligungen.
Russische Ermittler teilten mit, dass sie die strafrechtliche Verfolgung Beresowskis nun einstellen könnten.
SDA/mrs
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