Details des Ergo-Skandals enthüllt
Käuflicher Sex als Belohnung für gute Arbeit: Ein Revisionsbericht arbeitet den Skandal im deutschen Versicherungskonzern Ergo auf. Neben Budapest und Ibiza wird auch ein Anlass in Zürich erwähnt.

Es sollte eine Party mit fahlem Nachgeschmack werden: 2007 organisierte die Hamburg-Mannheimer (HMI), eine Tochtergesellschaft der Ergo-Versicherung, für ihre erfolgreichsten Mitarbeiter eine Reise nach Budapest – mit bezahlten «Extras». Der Aufenthalt war ein einziges rauschendes Fest auf Firmenkosten. Als dessen Höhepunkt galt eine Nacht mit Prostituierten in einer eigens angemieteten Therme. Dort gab es «Damen, mit denen man reden müsse, und andere, mit denen man nicht zu reden brauche», wie der damalige Betriebschef gemäss «Handelsblatt» im Vorfeld vollmundig angekündigt haben soll.
Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt: Die Zeitung erfuhr im letzten Jahr von der Party, und im deutschen Blätterwald raschelte es so gewaltig, dass der Imageschaden für den Konzern nicht mehr abzuwenden war.
Vertuschung mit System
Über ein Jahr nach der Enthüllung des Skandals veröffentlicht dieselbe Zeitung nun Auszüge aus einem internen Revisorenbericht, der die Affäre aufarbeiten sollte. Die Untersuchung wirft ein schiefes Licht auf die Unternehmenskultur des Versicherungskonzerns: Ein schluddriger Umgang mit Firmenfinanzen scheint dort offenbar Tradition zu haben, und Vertuschung geschah nachweislich mit System. Der bereits im Juni 2011 fertiggestellte Bericht beinhaltet brisante Details rund um die Belohnungsreise nach Budapest:
- Die Reise wurde demnach von langer Hand geplant. Zwei Kadermitarbeiter flogen zweimal in die ungarische Metropole, um das Programm zu arrangieren. Die Organisatoren bestellten «ausreichend Mädels» für den Abend; 60 bis 70 Frauen sollen anwesend gewesen sei und für unterschiedliche Dienste zur Verfügung gestanden haben.
- Der Sexausflug wurde mit einem Gesamtwert von 83'000 Euro dem Firmenkonto belastet. Ausgaben für Prostitutionsdienstleistungen stünden in krassem Gegensatz zu den Wertvorstellungen des Ergo-Konzerns, halten die Revisoren in diesem Zusammenhang im Bericht fest.
- Nach Budapest kam es ein Jahr später noch zu einer weiteren zweifelhaften Vertreterreise. Ergo-Vorstand Ludger Griese soll versucht haben, eine Wiederholung zu vermeiden, woraufhin den Mitarbeitern als Geschenk alternativ ein Laptop angeboten wurde. Zwei Vertreter hätten sich nicht umstimmen lassen und die Reise nach Ibiza dennoch angetreten. Über die Anwesenheit von Prostituierten wurde zwar nichts bekannt, aber die Kosten summierten sich dennoch auf stattliche 30'000 Euro – Hummer-Limousine, Villaparty und Fünfsternehotel sei Dank.
- Die beiden Reisen waren kein Einzelfall: Wie die Revisoren in Erfahrung brachten, waren zumindest in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre schon einmal Prostituierte auf einer Dienstreise im Spiel. Im Rahmen von Führungsseminaren der HMI am Zürichsee wurden Frauen eingeflogen – und die Kosten dafür über die Position «Helikopterrundflüge» abgerechnet.
- In einem weiteren Fall von nachweislich zweckentfremdeten Mitteln sei auf «Veranstaltungen der Konsum von Champagner verschleiert worden, indem mit den Belegsausstellern vereinbart wurde, stattdessen 600 bis 700 Flaschen Cola in Rechnung zu stellen», schreiben die Revisoren. Insgesamt handle es sich um mehrere «eklatante Verstösse gegen interne Richtlinien», die durch die Prüfung aufgedeckt wurden.
Welche Folgen der Bericht intern nach sich zog, ist nicht bekannt. Die Ergo-Versicherung verweist jedoch offiziell darauf, dass die Verantwortlichen mittlerweile nicht mehr im Unternehmen tätig seien. Ludger Griese, der bereits 2007 von den Verfehlungen in Budapest erfahren und keine Aufklärungsmassnahmen ergriffen hatte, stieg 2010 zum Vorstand des Konzerns auf.
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