Deutschland debattiert über den «Pakt für mehr Frauenpower»
Deutschland diskutiert zurzeit heftig über die Einführung einer Frauenquote. Mehrere Lösungsansätze wurden heute präsentiert – doch es herrscht Uneinigkeit im deutschen Kabinett.

Der verschwindend geringe Frauenanteil in den Chefetagen alarmiert jetzt auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle: Der FDP-Politiker will mit der Wirtschaft einen Pakt für Frauen in Führungspositionen aushandeln, wie er am Donnerstag ankündigte. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) arbeitet dagegen weiter an einer Regelung mit einem Mix aus Freiwilligkeit und Pflicht. Sie stellte in Aussicht, dazu noch im ersten Quartal 2011 einen «Stufenplan» vorzulegen. SPD, Linken und Grünen reicht all das nicht aus. Sie fordern eine feste gesetzliche Frauenquote.
Innerhalb der Koalition hatte es in den vergangenen Tagen Streit um die Frage gegeben, wie mehr Frauen auf Chefposten aufrücken können. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich schliesslich ein und schloss eine gesetzliche Quote aus. Die FDP hatte sich vehement gegen eine solche Regelung gestemmt.
«Partnerschaft statt Zwang»
Brüderle sagte, Deutschland könne auf «seine Leistungsträgerinnen» nicht verzichten. Er setze allerdings auf «Partnerschaft statt Zwang». Eine Frauenquote per Gesetz oder eine vom Staat verordnete «Pflicht zur Selbstverpflichtung», wie sie Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) vorschwebt, lehnte er ab. Brüderle will nun mit Wirtschaftsverbänden sprechen und für einen gemeinsamen «Pakt für mehr Frauenpower» starten.
Schröder erklärte, Brüderle renne bei ihr offene Türen ein, wenn er einen partnerschaftlichen Ansatz verfolge. Deshalb habe die Regierung auch die Vorstände grosser Unternehmen noch im März zu einem Gipfel eingeladen. Dort solle ein Pakt für Frauen vereinbart werden.
«Pflicht zur Selbstverpflichtung»
Klar sei aber auch, dass jetzt die Verbindlichkeit erhöht werden müsse, sagte die Ministerin. «Wenn das partnerschaftlich nicht funktioniert, dann brauchen wir eine transparent gestaltete Pflicht zur Selbstverpflichtung.» Schröder stellte am Donnerstag in Aussicht, dazu noch im ersten Quartal einen «Stufenplan» vorzulegen.
Die Unternehmen sollen nach ihrem Willen zunächst bis 2013 Zeit bekommen, den Frauenanteil auf freiwilliger Basis zu erhöhen. Wenn es bis dahin nicht gelingt, die Quote der weiblichen Mitglieder von Vorständen und Aufsichtsräten im Bundesdurchschnitt zu verdreifachen, soll eine gesetzliche «Flexi»-Quote kommen. Unternehmen müssten sich dann selbst einen Frauenanteil für ihre Führungsgremien vorgeben, der in einer bestimmten Frist zu erreichen wäre.
Der Opposition gehen die Pläne der Regierungsmitglieder allesamt nicht weit genug. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kritisierte, Merkels Absage an eine gesetzliche Quote sei ein «Armutszeugnis und eine bittere Enttäuschung für viele Frauen». Die SPD trete seit Jahren dafür ein, einen Frauenanteil von 40 Prozent in Aufsichtsräten festzuschreiben.
Die Linke im Bundestag nannte Brüderles Pakt-Idee eine Mogelpackung. «Das ist ein Aufguss der folgenlosen freiwilligen Vereinbarung zwischen Wirtschaft und Bundesregierung aus dem Jahre 2001», erklärte die Abgeordnete Cornelia Möhring.
Nur in jedem 50. Vorstandssessel eine Frau
Die Grünen-Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae erinnerte daran, dass bei Grossunternehmen nur in jedem 50. Vorstandssessel eine Frau sitzt. Das sei international gesehen sehr wenig. Andreae verlangte: «Gut ausgebildete, ideenreiche und engagierte Frauen müssen endlich ihre Chance bekommen.»
dapd/mrs
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