Deutschlands verstossener Held
Als er oben war, jubelten Jan Ullrich Millionen von Fans zu. Nun wird der frühere Radstar wie ein Aussätziger behandelt.

Wenn die Tour de France am Samstag in Düsseldorf startet, fährt Jan Ullrich ein Charity-Rennen in Bocholt. Auf der grossen Bühne ist Deutschlands wohl begabtester Radrennfahrer 20 Jahre nach seinem historischen Triumph an der Tour nicht mehr willkommen. Die Organisatoren haben ihm keine Einladung zukommen lassen. Zuvor hatte sich die ARD, die mit den Erfolgen Ullrichs einst viele Werbemillionen verdiente, dagegen gewehrt, dass der gefallene Star beim Profirennen Rund um Köln am 11. Juni als Sportlicher Leiter auftreten durfte.
Die Deutschen nehmen es Ullrich übel, dass er nie ein vollständiges Dopinggeständnis abgelegt hat. Die Öffentlichkeit sei noch immer enttäuscht vom Tour-Sieger von 1997, sagt etwa der Sprinter Marcel Kittel, einer der aktuellen deutschen Stars. «Als Mensch tut mir Ullrich leid. Aber er hätte mit seiner Vergangenheit anders umgehen sollen.» Immerhin hat Kittel den Stab über Ullrich noch nicht ganz gebrochen, fordert jedoch ein klares Statement zum Thema Doping: «Er sollte mit sich ins Reine kommen, jeder hat eine zweite Chance verdient.»
«Ich denke, dass er genug gebüsst hat»
Einer der Radprofis, die sich für eine sofortige Rehabilitierung Ullrichs aussprechen, ist André Greipel. Der elffache Tour-de-France-Etappensieger, wie der Verstossene gebürtiger Rostocker, hatte sich im Zuge der Rund-um-Köln-Affäre im «Kölner Stadt-Anzeiger» zu Wort gemeldet: «Ich finde es traurig, dass Jan Ullrich nach so langer Zeit immer noch so behandelt wird. Ich denke, dass er genug gebüsst hat, und sehe ihn immer noch als Volkshelden.»
Für Greipel ist Ullrich nicht nur Sünder, sondern vor allem auch Sündenbock: «Es musste damals halt jemand gefunden werden, an dem sich alle auslassen konnten. Das war leider Jan Ullrich.» Ähnlich sieht es der aktuelle deutsche Strassenmeister Marcus Burghardt. «Er hat genug gebüsst. Andere, die auch gestanden haben, sind längst wieder dabei», so sein Votum.
Brisant ist auf jeden Fall, dass die Team-Präsentation am Donnerstag in Düsseldorf von Ullrichs ehemaligem Rivalen Jens Voigt moderiert wird. Voigt war vom Dopingkronzeugen Jörg Jaksche schwer belastet worden, die noch aufbewahrte Urinmenge reichte aber nicht mehr für eine Auswertung.
Im Gegensatz zu den sieben Siegen von Lance Armstrong besitzt Ullrichs Tour-de-France-Triumph bis heute Gültigkeit. Trotz der mühsam nachgewiesenen Verbindungen zum spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch