Die 500 schönsten Rocker und Roller
In Wollishofen fand am Sonntag der letzte Oil Leak Rumble statt. 500 Töfffans vom harten Biker bis zum eleganten Vespafahrer trafen sich im Güterschuppen.
Aus der ganzen Schweiz waren am Sonntag Töffliebhaber mit ihren liebevoll gepflegten Oldtimern nach Wollishofen gekommen. Der Oil Leak Rumble war wohl «The Last Walz». Dem legendären Güterschuppen droht der Abriss.
«Wir waren mal bösen Buben», sagt Marc Baier und lacht so liebenswürdig, dass man es ihm nicht glauben mag. Er ist weder Präsident noch Vorsitzender des Vereins Güterschuppen Wollishofen, die Hierarchien sind flach. Aber Baier ist halt trotzdem der Chef eines Vereins, der nach Kulturtreff tönt und nicht nach harter Motorradgang. Ledersocken hiess der Verein früher.
Heute ist der Schuppen ein wunderbar ausstaffiertes Lokal direkt an den Bahnschienen in Wollishofen, das auch in der Musikszene – von Punk bis Blues – einen guten Ruf geniesst. Am Samstagabend fand die Pre-Party statt mit schnörkellosem Blues, Boogie und Rockabilly. Am Sonntag ab 11 Uhr begann auf der Güterrampe der wohl letzte Oil Leak Rumble, das angeblich grösste unabhängige Töfftreffen der Schweiz.
Der Güterschuppen könnte im amerikanischen Westen an einer verlassenen Bahnlinie stehen. Der Schuppen wurde 1928 erbaut, nachdem die Seebahn tiefergelegt und elektrifiziert worden war. Er hatte grosse Bedeutung für Zürich, weil die Bahnhöfe Wiedikon und Enge für den Güterverkehr nicht mehr nutzbar waren. Der Schuppen wird seit 1999 vom Motorradclub betrieben. Und er steht – ein Glück für den Club – im überkommunalen Inventar schützenswerter Objekte. Seine Besonderheit liegt in der horizontalen Bretterverkleidung sowie in der Trennung des Rampendachs und des Schuppendachs. Er ist der einzige erhaltene Bau dieser Art in der Schweiz und widerspiegelt laut Denkmalschutz «in exemplarischer Weise die Architekturströmung jener Zeit».
«Ride hard or stay at home»
Schon lange wird der Schuppen für den Güterverkehr nicht mehr gebraucht, Gleis 1 ist stillgelegt. Schuppen und Rampe stehen den Verkehrs- und Stadtplanern nur noch im Weg. Seit Eröffnung der Durchmesserlinie hat der Bahnhof Wollishofen steigende Frequenzen, die Anbindung an Bus und Tram sind aber schlecht. Zudem wird ein grosser, dreieckiger Parkplatz, auf dem am Sonntag Hunderte von Bikes standen, nur für ein paar rote Mobility-Autos genutzt. Das alles lädt direkt zum Bauen ein.
«Ride hard or stay at home» steht auf der Einladung zum letzten Oil Leak Rumble «Last Walz». Doch zu Hause bleiben wollen die Ledersocken nicht. «Uns müssen sie aus diesem Schuppen tragen, das haben wir uns geschworen», sagt Ebi, der eigentlich Thomas heisst. Eine Gruppe 40- bis 60-jähriger Männer belädt den Kühlschrank mit Appenzeller Bier und poliert die Bartheke, als wäre es das letzte Mal.
Ein halber Töff in der Theke
Die Theke ist ein Unikat. Ein halber Töff wurde hier eingegossen – vom Tacho, der auch als Aschenbecher dient, über Bremsscheiben, Ventilkipphebel und Tankdeckel bis zu Federn, Emblemen und Rücklichtern. Auf Geheiss des Lebensmittelinspektorats musste die Theke noch mit Zweikomponentenlack abgedeckt werden – aus hygienischen Gründen. All das müsste verschwinden, wenn die SBB ihre Pläne wahr machen.
Noch hat der Verein einen laufenden Vertrag. «Es geht offenbar nicht vorwärts», sagt Marc Baier. Bei den SBB bestätigt Sprecher Daniele Pallecchi: «Die SBB Immobilien arbeiten nach wie vor an einer Projektentwicklung für das Areal Wollishofen. Das Areal rund um den Bahnhof Wollishofen soll im Zusammenhang mit der städtisch-räumlichen Entwicklungsstrategie aufgewertet und verdichtet werden.» Zudem müsse die Verbindung des Quartiers zum See mit einem behindertengerechten Ausbau der Personenunterführung gestärkt werden.
Auch die VBZ haben mit dem Bahnhof Wollishofen einiges vor, wie Sprecherin Daniela Tobler sagt: Bis zum Dezember 2018 wollen die VBZ eine Buswendeschleife in Betrieb nehmen, um die Linien 70/184/185 verlängern zu können. Damit soll auch die Anbindung des öffentlichen Verkehrs verbessert und direkt vor den Bahnhof geführt werden. Der Bahnhofplatz soll zusammen mit dem Bauprojekt neu gestaltet werden. Nur schon die Busschlaufe würde dem Oil Leak Rumble den letzten Tropfen Öl abzapfen, weil die Zufahrt für Töffs nicht mehr möglich wäre.
Von Harleys bis zu alten Vespas
Gegen 1000 Leute und 500 Motorräder knatterten am Sonntag nach Wollishofen. Nur alte Töffs bis Jahrgang 1986 dürfen auf die Rampe. Eine ganze Sammlung von Schweizer Condors war nach Wollishofen gekommen, fast die ganze Palette an alten Harleys mit Knuckeheas, Panhead- und Flathead-Motoren, denen wiederum eine Armada von alten englischen Bikes gegenübersteht – von Triton über BSA bis Triumph. Sogar der Vespa-Fanclub – auch Lambrettas waren willkommen – traf sich um 13.15 Uhr am Helvetiaplatz zur gemeinsamen Fahrt nach Wollishofen.
Und was passiert mit dem Güterschuppen? «Wir prüfen verschiedene Varianten, wie man ihn erhalten kann», heisst es bei den SBB. Eine Möglichkeit wäre der Abbau und Wiederaufbau an einer anderen Stelle, zum Beispiel auf der anderen Seite der Gleise. Die Rede war auch schon von einer Züglete neben die historische Bahnhofshalle in Bauma. Die Kosten dafür wären allerdings enorm. Niemand glaubt so richtig daran.
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