Die 592-Euro-Generation
Junge Griechen verbringen den ganzen Tag mit der Suche nach Arbeit und entspannen sich am Abend bei der zurzeit beliebtesten Sitcom: Sie zeigt junge Griechen, die den ganzen Tag einen Job suchen.
Wie verzweifelt sind junge Absolventen, die in Griechenland den Einstieg ins Arbeitsleben suchen? Ziemlich verzweifelt, müsste man meinen. Das Land befindet sich in der grössten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, und Jobs sind dünn gesät. Entsprechend erfolglos sind die Bemühungen der Jungen, eine Stelle zu finden. Trotzdem scheinen die Griechen eine Art Galgenhumor bewahrt zu haben, wie ein Artikel des britischen «Guardian»nahelegt. Denn gemäss der Zeitung ist in Griechenland zurzeit die angesagteste Sitcom jene, die das Thema aufgreift und ins Humoristische dreht.
«Die 592-Euro-Generation» nennt sich die Serie. Ihr Titel macht bereits klar, worum es geht: um den Mindestlohn von 592 Euro, die ein Jugendlicher unter 25 Jahren in Griechenland verdient – wenn er denn eine Stelle hat. Und genau aus diesem Grund identifizieren sich wohl so viele Junge mit den Helden der Sitcom. Könnte nicht jeder einer von ihnen sein? Der Trailer der Sendung legt es den Zuschauern zumindest nahe: «Wie weisst du, dass du zur 592-Euro-Generation gehörst?», lautet eine Frage. Und eine mögliche Antwort dazu: «Wenn du aufs Arbeitsamt gehst und dort die Vornamen aller Angestellten kennst.» Oder: «Wenn du in Harvard studiert hast, nach Griechenland zurückkehrst und dort den Leuten, die dir Kaffee servieren, Tee servierst.»
Geldmangel ist der ewige Begleiter
Für einen Nichtgriechen, schreibt der Griechenland-Korrespondent des «Guardian», komme die Sitcom wie eine x-beliebige in einem anderen Land daher. Und einzelne Sequenzen, die auch auf Youtube zu finden sind, scheinen dies zu bestätigen: Nette Darsteller mit netten Gesichtern lassen sich bei fröhlicher Musik durchs Leben treiben. Wobei dieses im Grunde nicht fröhlich, sondern trotz aller Komik ziemlich tragisch ist: Das fehlende Einkommen und die Arbeitslosigkeit sind nämlich der stetige Begleiter der Hauptdarsteller. In der Bar liegt nicht mehr als ein Drink drin. Und bei der Liebe verhalte es sich so wie beim Bewerben, erzählt eine junge Frau: «Du zeigst ihnen deine beste Seite, und sie rufen dich trotzdem nicht zurück.»
Die Sitcom läuft seit vergangenem Oktober und war praktisch von Beginn weg ein Hit: 60 Prozent der Zielgruppe – Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren – schalteten sich zur Hauptsendezeit zu. Ursprünglich hätte die Sendung «Die 700-Euro-Generation» heissen sollen, erzählt der 28-jährige Drehbuchautor Lambros Fisfis dem «Guardian». Aber drei oder vier Wochen vor dem Start der Serie habe die Regierung den Mindestlohn gekürzt. «Der Running Gag auf dem Filmset lautete danach: Vielleicht sind wir nächsten Monat die ‹300-Euro-Generation›.»
Ob die Serie eine Fortsetzung findet, ist zurzeit allerdings fraglich. Denn die Schauspieler – alles Laiendarsteller – haben mittlerweile Griechenland verlassen. Sie leben nun in England, auf Zypern oder befinden sich auf einer Weltreise. «Griechenlands grösster Export», sagt Fisfis, «sind zurzeit Menschen.»
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