Die andere Sicht der Comey-Story
Rechte US-Medien wie Fox und «Breitbart» halten die Entlassung des FBI-Direktors für richtig. Über die Russlandverstrickungen der Regierung Trump fällt kein Wort.

Auf dem Höhepunkt dieses denkwürdigen Mittwochs, als die Nachricht über die Entlassung des FBI-Direktors James Comey das politische Washington in einen beschädigten Ameisenhaufen verwandelte, titelte der regierungsfreundliche Fernsehsender Fox News: «Comey resigns», Comey tritt ab.
Mag sein, dass es sich um einen Fehler handelte, doch die Schlagzeile passt zur Berichterstattung der rechtskonservativen Medien über die Absetzung Comeys. In der beliebtesten Morgenshow Amerikas, «Fox&Friends», die sich auch Präsident Donald Trump regelmässig ansieht, unterhielten sich die Moderatoren 24 Stunden nach der Entlassung über Comeys Charakterschwächen. Ehemalige Mitarbeiter wurden zitiert, die davon sprachen, wie misslaunig ihr Chef oft gewesen sei. Über mögliche Russlandverbindungen, über die Ermittlungen gegen den ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn, der aufgrund seiner Verbindungen zu Moskau bereits im Februar seinen Tisch räumen musste – kein Wort.
Die Sicht des Präsidenten, ungefiltert
Es ist die Sicht des Präsidenten, die die meisten Fox-News-Moderatoren ungefiltert übernehmen. Sean Hannity, der «Late Night»-Talker, sagte, Comey habe «einen schlechten Job gemacht». Dass Trump mit Comey jenen Mann entliess, der gegen sein Wahlkampfteam ermittelte, wird nicht hinterfragt. Dafür folgt ein Interview mit Paul Ryan, dem Sprecher des Repräsentantenhauses, der von «verlorenem Vertrauen» in den FBI-Direktor spricht. Auch Mitch McConnell wird zitiert, Mehrheitsführer im Senat, der den Einsatz eines Sonderermittlers verwirft, worauf Hannity sagt: «Natürlich braucht es keinen Sonderermittler, weil es nichts zu ermitteln gibt.»
Bildstrecke – Die Comey-Affäre
Abgesehen von Ryan und McConnell steht die Republikanische Partei aber alles andere als geschlossen hinter ihrem Präsidenten. Senator John McCain sagte, er fordere schon lange einen Sonderermittler – «und jetzt erst recht». Richard Burr, republikanischer Senator aus North Carolina und Mitglied des Geheimdienstausschusses, der ebenfalls in Sachen Russland ermittelt, zeigte sich «sehr verstört» über Comeys Absetzung. Die Entscheidung, den FBI-Direktor zu diesem Zeitpunkt zu stürzen, sei «schlicht unerklärbar», argumentierten viele Republikaner auf dem Kapitolshügel.
Video – Knall in Washington:
Trump fackelte mit seinem FBI-Chef nicht lange: James Comey wurde aus dem Amt entlassen. (Quelle: Tamedia/AFP, AP)
Die Entlassung spaltet das Land
Von den kritischen Stimmen aus den eigenen Reihen fehlt auf der Newsseite «Breitbart», die Steve Bannon früher leitete, jede Spur, heute ist Bannon einer von Trumps wichtigsten Beratern im Weissen Haus. Am Donnerstagmorgen zur besten Zeit lautete auf «Breitbart» die wichtigste Schlagzeile: «Mexiko ist das Land mit der zweithöchsten Mordrate.» Zu Comey und Trump lief ein Interview mit Pat Buchanan, einst Berater von Ronald Reagan und Richard Nixon. Buchanan sagt, die Mainstream-Medien seien «die Oppositionspartei» in den USA. So wie sie Nixon zu Fall gebracht hätten, so Buchanan, «so wollen sie Trump stürzen».
Wie jedes politische Thema spaltet auch die Entlassung Comeys und die Frage nach möglichen Russlandverbindungen des Trump-Teams das Land in zwei Lager. In Umfragen gibt etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, sie würden sich eine unabhängige Untersuchung wünschen. Laut einer Studie von ABC und «Washington Post» im April denken vier von zehn Amerikanern, dass Moskau sich in die Wahl einmischte, um Donald Trump zum Sieg zu verhelfen.
Trump war zunehmend erzürnt, so schreibt die «Washington Post», dass FBI-Direktor Comey sich nicht auf seine Seite schlug, als der Präsident behauptete, sein Vorgänger Barack Obama habe ihn abhören lassen. Comey habe stattdessen immer nur über Russland gesprochen. Das sei der Grund für seine Entlassung. Trump habe seinen Justizminister Jeff Sessions und dessen Stellvertreter Rod Rosenstein beauftragt, ein Erklärungsschreiben aufzusetzen, auf das sich Trump später berief. Als Rosenstein bemerkte, dass sein Memo als wahrer Kündigungsgrund vorgeschoben wurde, soll er seinerseits mit Kündigung gedroht haben.
FBI-Mitarbeiter schockiert
Mehrere Medien berichteten, James Comey habe erst vorige Woche ausgerechnet bei Rosenstein, der Tage später seine Entlassung empfahl, um mehr Ressourcen und Personal gebeten, um die Russlandermittlungen voranzubringen. Zudem soll der Geheimdienstausschuss des Senats den Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn vorgeladen haben. Flynn wurde gezwungen, Dokumente vorzuweisen, die mit einer möglichen russischen Einflussnahme zusammenhängen. Ob diese Entwicklungen zu Trumps Entscheidung geführt haben, ist ungeklärt.
Mitarbeiter der Bundespolizei FBI reagierten auf die Entlassung ihres Chefs Comey geschockt. Es sei eine Kriegserklärung an die Institution, wird ein FBI-Agent anonym in der «New York Times» zitiert. Niemand weiss, auf welche Informationen die FBI-Ermittler gestossen sind. Es ist – ähnlich wie bei Watergate – von abgehörten Telefongesprächen die Rede.
«Trump hat sich keinen Gefallen getan»
«Präsident Trump hat sich keinen Gefallen getan, das FBI gegen sich aufzubringen», sagte Bob Woodward, der die Watergate-Affäre aufdeckte. Er prophezeite in nächster Zeit einige Leaks, FBI-Beamte, die Journalisten mit Dokumenten versorgen würden. Schon bei Watergate war es der FBI-Ermittler Mark Felt, alias «Deep Throat», der Woodward und Carl Bernstein von der «Washington Post» mit Informationen fütterte.
Und James Comey selbst? Der schrieb seinen Mitarbeitern einen Abschiedsbrief, in dem er sich bedankte und sagte, er werde keine Zeit damit verbringen, über das Vorgefallene nachzudenken. «Es ist vorbei. Es wird mir gut gehen.» Im Fernsehen sah man ein Foto von ihm mit Baseballmütze vor seinem Haus.
Auf Fox News hiess es, er würde sich zu Hause verbarrikadieren. CNN berichtete, er würde lächeln und sei – «ganz entspannt».
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