Film-Highlights der WocheDie Doku übers Kunsthaus Zürich könnte frecher sein
«Durchs Höllentor ins Paradies» erzählt von Architekten und Skandalen. Daneben kommen ein queeres Musical-Märchen und regionale Kurzfilme in die Stadt.

Durchs Höllentor ins Paradies
Dokumentarfilm von Peter Reichenbach und Sibylle Cazajus, CH 2023, 63 Min.
Diese Doku zeichnet die Geschichte des Kunsthauses Zürich nach, von den ersten Plänen Anfang des 20. Jahrhunderts bis zur Einweihung des Chipperfield-Erweiterungsbaus. Es gibt viel Archivmaterial, Stimmen von Expertinnen und Experten, dazu hübsche Drohnenaufnahmen des Museums, wie es sich heute präsentiert.
Und auch die Skandale werden erwähnt, bis hin zur Kontroverse um Raubkunst in der Sammlung Bührle – zwar schaut das Regieduo da nicht allzu vertieft hin, aber immerhin darf die Judaistin und Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek mit deutlichen Worten sagen, dass die Aufarbeitung, die das Kunsthaus betreibt, ungenügend ist.
Jedenfalls hat man am Ende viel gelernt, der Film ist informativ, auch wenn er in der Machart etwas gar brav daherkommt. Eine Geschichtstunde, die die grosse Kontroverse scheut. (ggs)
Arthouse Le Paris, Arthouse Piccadilly
Pink Apple
Kennen Sie das Gemälde «Blowjob des Feuerwehrmanns» von Caravaggio? Der Film «Fogo-Fátuo» spielt mit der Kunstgeschichte: In einer Szene stellen nackte Feuerwehrmänner Bilder nach, geben ihnen dabei aber jeweils einen schwulen Dreh. Das verspielte Werk feiert seine Schweizer Premiere an der 26. Ausgabe des queeren Filmfestivals Pink Apple, Regisseur João Pedro Rodrigues kommt dafür extra nach Zürich. Er gehört zu Portugals wichtigsten queeren Filmemachern und ist ein Spezialist für schwule Geschichten mit märchenhaften Zügen, zuletzt lief sein «O ornitólogo» in unseren Kinos.
Auch Rodrigues’ neues Werk ist ziemlich schräg: «Fogo-Fátuo» dreht sich um den Prinzen Alfredo (Mauro Costa), der Feuerwehrmann werden will, um die Wälder seines Landes zu retten. Während seiner Ausbildung verliebt er sich in seinen Mentor Alfonso (André Cabral). Ihren ersten Kuss haben die beiden bei einer Wiederbelebungsübung, im Anschluss gibts eine Tanzeinlage von ihnen und den Feuerwehrleuten. Das Filmpodium zeigt «Fogo-Fátuo» noch über das Festivalende hinaus.
Ebenfalls eine Schweizer Premiere ist die Doku «Wem gehört der Himmel?» von Sabian Baumann. Anstoss war das transfreundliche Selbstbestimmungsgesetz, das 2012 in Argentinien in Kraft trat. Baumann pendelte zwischen Zürich und Buenos Aires, schaute bei Organisationen vorbei und initiierte mit «Die grosse Um_Ordnung» eine eigene Kunstaktion auf dem Helvetiaplatz. Herausgekommen ist der spannende Vergleich zweier Länder und wie dort jeweils queerer Aktivismus aussieht. (ggs)
Di 25.4. bis Do 4.5., diverse Orte, pinkapple.ch
«Fogo-Fátuo»: Sa 22.4., 18.30 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs, Filmpodium. Weitere Vorführungen: Mo 1.5., 20.45 Uhr; Do 4.5., 18.30 Uhr; So 7.5., 20.45 Uhr; Sa 13.5., 18.30 Uhr
«Wem gehört der Himmel?»: Do 27.4., 18.45 Uhr, Premiere in Anwesenheit von Regie und Gästen, Arthouse Piccadilly
Empire of Light
Drama von Sam Mendes, GB/USA 2022, 113 Min.
Werden in der Zeit, in der das Kino an Besucherschwund leidet, besonders viele Filme über die Magie der Leinwand gedreht? Scheint so, nach «Babylon» von Damien Chazelle und Steven Spielbergs «The Fabelmans» führt jetzt «James Bond»-Regisseur Sam Mendes zurück ins England der 80er-Jahre.
Hilary Small (Olivia Colman) leitet den Betrieb eines mondänen Kinos und erfüllt ihrem verheirateten Chef (Colin Firth) sexuelle Wünsche. Dass sie an einer psychischen Krankheit leidet, vermag sie in der Regel zu verstecken. Als sie sich in den jungen schwarzen Platzanweiser Stephen (Micheal Ward) verliebt, blüht sie sogar richtig auf. Doch alles ändert sich, als eine Gruppe von Skinheads das Kino stürmt.
Olivia Colman kann mal wieder zeigen, dass sie eine der herausragendsten Schauspielerinnen Grossbritanniens ist. Aber abgesehen davon wirkt dieses Liebesdrama uneben und unfokussiert. Schade. (blu)
Arthouse Alba, Corso, Houdini
Amine: Held auf Bewährung
Dokumentarfilm von Dani Heusser, CH 2023, 71 Min.

Bekannt wurde Amine Diare Conde, als er in Zürich während der Corona-Pandemie die Aktion «Essen für alle» ins Leben rief. Das Projekt sollte sicherstellen, dass bedürftige Menschen Lebensmittel erhalten. Dabei kämpfte Conde selbst als Sans-Papiers um eine Aufenthaltsbewilligung.
Es ist ein Blick hinter die Kulissen: Im Film sehen wir, wie Conde die Verteilung koordiniert. Daneben erzählt er von seiner Kindheit in Guinea und der Flucht, die ihn schliesslich in die Schweiz brachte. Und wir erleben an seinem Beispiel mit, wie im Asylwesen mit den Menschen umgesprungen wird. (ggs)
Riffraff
Kurzfilmnacht

Schon seit zwanzig Jahren gibts die Kurzfilmnachttour, die durch verschiedene Schweizer Städte reist. Jetzt macht sie wieder halt in Zürich. Vier Kurzfilmprogramme sind zu sehen, darunter eine exklusive Zürcher Premiere: «Heart Fruit» zeigt die unterschiedlichen Facetten des Liebeslebens in der Stadt. Darstellerin Lotti Happle wird bei der Premiere anwesend sein. (ggs)
Fr 21.4., ab 20.30 Uhr, Riffraff
O acidente
Drama von Bruno Carboni, BR 2022, 94 Min.
Es ist ein absurder Vorfall: Als Joana (Carol Martins) mit dem Velo unterwegs ist und eine Autofahrerin konfrontiert, nimmt diese sie auf die Haube und trägt sie ein Stück mit. Zwar kommt Joana leicht verletzt davon. Aber sie wird in einen Sorgerechtsstreit hineingezogen, der zwischen der Lenkerin und ihrem Ex-Mann herrscht. Regisseur Bruno Carboni hat einen wahren Fall genommen, um von den gesellschaftlichen Verwerfungen in Brasilien zu erzählen. (ggs)
Ab Fr 21.4. auf Filmingo
Sennen-Ballade
Dokumentarfilm von Erich Langjahr, CH 1996, 100 Min.
Jodeln, käsen, Mist auf der Wiese verteilen und dabei Pfeife rauchen: Regisseur Erich Langjahr hat in den 90ern eine Ostschweizer Sennenfamilie im Alltag begleitet. Jetzt, ein Vierteljahrhundert später, wurde der Film restauriert. Einen Kommentar spart sich Langjahr, er lässt die Bilder für sich selbst sprechen und arbeitet das Meditative des bäuerlichen Lebensstils heraus. Immerhin: Es gab damals bereits eine Melkmaschine, die mit einem Benzingenerator betrieben wird. (ggs)
So 23.4., 11 Uhr, Riffraff
Visions du Réel
Das Dokumentarfilmfestival Visions du Réel findet in Nyon statt, aber man muss dafür nicht extra an den Genfersee reisen: Es gibt auch ein Onlineprogramm. Eine Woche lang startet täglich eine Auswahl an Festivalfilmen auf der Website; die Werke sind jeweils drei Tage lang verfügbar. So kann man sich mit dem Onlinepass über fünfzig Beiträge anschauen. (ggs)
Mo 24. bis So 30.4., visionsdureel.ch
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