Die durchwachsene Schlussrechnung des Migros-Chefs
Bei seinem letzten grossen Auftritt ebnete Herbert Bolliger seinem Nachfolger den Weg.

Ende Jahr zieht Herbert Bolliger nach 12 Jahren aus seinem Büro im Hochhaus am Zürcher Limmatplatz aus. Der Chef des Migros-Genossenschafts-Bundes erreicht im November das Höchstalter von 64 Jahren, das in den Migros-Statuten verankert ist. Mit Fabrice Zumbrunnen übernimmt der jüngste Chef der Firmengeschichte das Ruder. Viele Worte verlor Bolliger darüber bei seinem letzten grossen Auftritt nicht. Das sei es dann gewesen, seine letzte Bilanzmedienkonferenz, bemerkte der Aargauer gestern nur trocken, bevor er Journalisten und Analysten ans Buffet oder an die Arbeit entliess.
Hinter Coop zurückgefallen
Ob die Zahlen, die Bolliger bei diesem letzten grossen Auftritt präsentierte, zum nüchternen Abschied beigetragen haben? Sie hätten zumindest besser ausfallen können. Der Gewinn der Gruppe ging 2016 um 16,2 Prozent auf 663 Millionen Franken zurück. Der Betriebsüberschuss (Ebit) sank um 7,2 Prozent auf 911 Millionen. Auch die Reingewinnmarge lag mit 2,4 Prozent auf dem tiefsten Wert seit über zehn Jahren – immerhin allerdings noch in der festgelegten Zielbandbreite zwischen 2 und 4 Prozent. Beim Umsatz verzeichnete die Migros ein Plus von 1,2 Prozent auf 27,7 Milliarden. Erzrivalin Coop vermeldete im Vergleich für das vergangene Jahr aber ein Gewinnwachstum von 14 Prozent auf 475 Millionen Franken, beim Umsatz überholte Coop die Migros-Gruppe und erreichte mit 28,3 Milliarden 5,3 Prozent mehr als im Vorjahr.
Für den Gewinnknick bei der Migros sind zu einem grossen Teil Wertberichtigungen auf Tochtergesellschaften verantwortlich. Übersetzt heisst das: Sie standen mit mehr in den Büchern, als sie wirklich noch wert sind. Bei den Details gibt sich die Migros gewohnt bedeckt. Auf Anfrage nennt ein Sprecher unter anderen die Töchter Ex Libris, Globus, Interio und Office World, auf denen man Abschreiber habe vornehmen müssen. Ex Libris kaufte die Migros im Jahr 1956, Globus, Office World und Interio im Jahr 1997 – alle Käufe fanden also lange vor Bolligers Amtszeit statt. Dass der scheidende Migros-Chef die Abschreibungen noch vor dem Abtritt vornimmt, zeigt, dass er den Laden sauber hinterlassen will. Er macht wie vor einem richtigen Umzug noch die Schlussreinigung.
Die Abschreibungen zeigen aber auch, wo Zumbrunnen besonders hart wird anpacken müssen. Der Onlinehandel greift dem stationären Handel mit Ladengeschäften gerade in diesen Bereichen besonders stark Marktanteile ab. Sowohl bei Ex Libris als auch bei Office World führte das im vergangenen Jahr denn auch zu Filialschliessungen. Der Trend dürfte sich fortsetzen. Den Rückgang in den angeschlagenen Geschäftsbereichen auffangen soll auch eine stärkere Fokussierung auf den Gesundheitsbereich. Auch mit diesem Bekenntnis ebnet Bolliger den Weg für Nachfolger Zumbrunnen – und legitimiert dessen nicht unumstrittene Wahl nachträglich nochmals. Der Romand ist in seiner aktuellen Position als Leiter Personal, Kulturelles und Soziales auch für den Bereich Gesundheit zuständig.
Onlinehandel stärken
Dort setzt die Migros ebenfalls auf Digitalisierung. Anfang Jahr lancierte der Handelsriese die Plattform Impuls, unter der sämtliche Dienstleistungen im Bereich Online vereint sind. Auch die Zusammenarbeit mit dem Arzneimittelgrosshändler Zur Rose will die Migros in Zukunft stärken. Einschätzungen von Gesundheitsfachmann und Bolliger-Nachfolger Zumbrunnen wird es dazu allerdings wohl erst im nächsten Jahr geben. Der designierte Migros-Chef blieb der Veranstaltung am Dienstag fern und überliess die Medienshow ganz Herbert Bolliger. Zumbrunnen weihte das von Stararchitekt Mario Botta designte neue Gipfelrestaurant auf dem 1700 Meter hohen Tessiner Monte Generoso ein.
Auch jener Termin hatte zumindest etwas Symbolkraft, wandelte Zumbrunnen so schliesslich auf den Spuren von Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler. Der rettete die Bergbahn auf den Monte Generoso im Jahr 1941 vor dem Aus, weil er der Öffentlichkeit die Panoramaterrasse erhalten wollte.
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